Hirslanden Fachartikel

Abnützungserscheinungen und Arthrose gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Bewegungsapparats und betreffen in besonderem Mass auch die Knie. Arthrose ist eine multifaktorielle Erkrankung, die mit einer Zerstörung des Gelenkknorpels einhergeht und im weiteren Verlauf auch den Knochen und die umgebenden anatomischen Strukturen betrifft.

Kniebehandlung

Gründe und Symptome der Arthrose

Zum einen sind hierbei ursächlich mechanische Faktoren beteiligt, aber auch komplexe Stoffwechselreaktionen und entzündliche Mechanismen. Durch die Degeneration der normalerweise fast reibungsfreien Knorpeloberflächen entsteht im betroffenen Gelenk eine erhöhte Reibung und mechanische Mehrbelastung, die mehr Kraftaufwand erfordert, gleichzeitig aber auch zu einer Abnahme der muskulären Leistungsfähigkeit und im Gelenk zu wiederholten entzündlichen Reizungen führt. Dies wiederum führt dann früher oder später zu den typischen Krankheitssymptomen wie morgendlichen Anlaufschmerzen, Schmerzen bei/nach Belastung, Gelenkschwellungen und später Dauerschmerzen.
Die meisten Menschen werden im Lauf ihres Lebens gewisse Veränderungen der Gelenke erfahren, oftmals für lange Zeit auch ohne wesentliche Probleme im Alltag. Oder auch so, dass die Beschwerden mit symptomatischen Massnahmen (Physiotherapie, Schmerzmittel, Infiltrationen, Gewichtsreduktion) befriedigend behandelt werden können. 

Wann macht ein Kunstgelenk Sinn?

Wenn Schmerzen und Einschränkungen überhandnehmen und der Alltag dadurch schwierig wird, kann die Lebensqualität durch ein Kunstgelenk massgeblich verbessert werden. Hierbei werden die geschädigten Gelenkanteile durch Metall- und Kunststoffkomponenten ersetzt. Vor einer allfälligen Operation ist grundsätzlich immer eine genaue Bestandsaufnahme und Aufklärung nötig. Der individuelle Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten muss berücksichtigt werden, ebenso die Ansprüche und Erwartungen, die nicht bei allen Personen gleich sind. Diese Faktoren sind letztlich für das Operationsergebnis mindestens so wichtig wie die Operation selbst, wobei das Ziel immer eine Verbesserung der Lebensqualität durch Verbesserung der Kniefunktion und Verminderung der Beschwerden ist.

Kniegelenkprothesen werden bereits seit rund 50 Jahren eingesetzt, wobei seither Operationstechnik und auch Material kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert werden. Jährlich werden weltweit rund eine Million künstliche Kniegelenke implantiert. Traditionell wurden Knieprothesen seit jeher in Standardgrössen hergestellt und während der Operation an die Patientin oder den Patienten angepasst. Entsprechend mussten für jede Operation viele Instrumente und Prothesenkomponenten im Operationssaal vorhanden sein, was einen relativ grossen Materialaufwand bedeutete. 

Moderner Einsatz von künstlichen Gelenken

Da die Positionierung der Prothesenkomponenten am Ober- und Unterschenkel sowie auch die Spannungsverhältnisse der Bänder massgeblich für das Resultat bzw. die Funktion und Langlebigkeit der Prothese sind, richteten sich die entsprechenden Weiterentwicklungen unter anderem besonders auf die verbesserte Implantatpositionierung aus. Ein diesbezüglicher Fortschritt war die computer-navigierte Operationstechnik, womit die Implantate genauer als mit der konventionellen Technik positioniert werden können. Diese Technik brachte aber auch einige Nachteile mit sich, und so hat sich in den letzten Jahren die patientenspezifische Knieprothetik als vielversprechende Alternative etabliert. Diese Lösung basiert auf einer präoperativen Planung gemäss den individuellen anatomischen Gegebenheiten der Patientin oder des Patienten.

Vorgehen bei der patientenspezifischen Knieprothetik

Die Planung beginnt immer mit einer Ausmessung des betroffenen Knies mittels Computertomografie oder MRI. Die gewonnenen Bilder werden dann in 3D-Modelle umgewandelt, die es der Chirurgie ermöglichen, bereits vor der Operation die genauen Grössen der Knieprothesenkomponenten und deren exakte Positionierung und so den Eingriff entsprechend im Voraus zu planen. Aufgrund dieser Planung wird mit dem 3D-Drucker dann ein ganz individuelles Modell des betroffenen Knies mit dazugehörigen Schnittlehren hergestellt, die während der Operation direkt auf dem Knie aufgesetzt werden, womit die Knochenschnitte für die Implantatpositionierung entsprechend der vorherigen Planung vorgenommen werden können. Durch die patientenspezifischen Schnittlehren kann die Genauigkeit der Knochenschnitte weiter verbessert und die Operationszeit verkürzt werden. Zudem entfallen dadurch Operationsschritte, die früher zur Ausrichtung der älteren Schnittlehren nötig und auch mit einem erhöhten Komplikationspotenzial für Herz und Kreislauf und bezüglich Fehlpositionierung verbunden waren. 

Ablauf vor und nach der Operation

Vor der Operation ist immer ein Check-up in der Hausarztpraxis notwendig. Der Spitaleintritt kann meist am Operationstag erfolgen. Die Operation selbst dauert üblicherweise 1 bis 2 Stunden mit einer darauffolgenden Überwachung im Aufwachsaal. Die Rehabilitation beginnt bereits am Operationstag oder spätestens am nächsten Morgen. Mithilfe der Pflege und Physiotherapie werden die Patientinnen und Patienten mobilisiert und zum Verhalten im Alltag instruiert. Gleichzeitig wird das operierte Knie während des Spitalaufenthalts mehrmals täglich auf einer Bewegungsschiene bewegt. Nach wenigen Tagen kann die Entlassung aus dem Spital erfolgen. Gehhilfen (Stöcke) sollten zur Unterstützung und Sicherheit für 4 bis 6 Wochen benutzt werden. Während dieser Zeit bleibt auch eine regelmässige ambulante Physiotherapie wichtig. Es kann eine Weile dauern, bis sich das neue Knie vollständig vom Eingriff erholt hat und sich normal anfühlt. Dies ist immer auch von individuellen patientenabhängigen Faktoren und auch von der Schwere und Dauer des Krankheitsverlaufs abhängig, wobei vor allem bei langjähriger Krankheitsdauer die Rehabilitation manchmal auch mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern kann, sodass etwas Geduld nötig sein wird. Im Idealfall ist das neue Knie aber bereits nach 3 Monaten wieder problemlos im Alltag belastbar.

Die Vorteile der patientenspezifischen Knieprothetik liegen auf der Hand. Die Operation kann zeitsparender und weniger traumatisch durchgeführt werden als mit der herkömmlichen oder computernavigierten Technik. Durch die Anpassung an die individuelle Anatomie der Patientin, des Patienten kann die Positionierung der Prothesen verbessert und eine bessere Passform und Stabilität erreicht werden. Dies kann zu einer verbesserten Funktion des Kniegelenks und einer schnelleren Genesung führen. Darüber hinaus kann die personalisierte Technik dazu beitragen, das Risiko von Komplikationen wie Instabilität, Lockerung und Verschleiss zu reduzieren und die Lebensdauer der Prothese zu verbessern.