Was ist eine Spinalkanalstenose und wieso kommt diese oft im Alter vor? Wie diese schmerzhafte Verengung entsteht, und welche Behandlungsoptionen bestehen, erklärt der Wirbelsäulenchirurg Dr. med. Cyrill Dennler.
Interview: SonntagsZeitung vom 26. Februar 2023
Herr Dr. Dennler, was ist eine Spinalkanalstenose?
Durch die Wirbelsäule führt ein knöcherner Kanal vom Kopf bis zum Steiss. Dieser führt wichtige Nerven gut geschützt vom Hirn bis in die Peripherie des Körpers. Kommt es zu einer Verengung von diesem Kanal, spricht man von einer Spinalkanalstenose.
Wieso kommt die Verengung vermehrt im Alter vor?
Mit zunehmendem Alter nehmen die abnützungsbedingten Veränderungen an der Wirbelsäule zu. Diese Veränderungen führen zur Verengung.
Welche Symptome verursacht eine Spinalkanalstenose?
Typisch sind Beschwerden in den Beinen, welche beim Gehen zunehmen. Die Betroffenen müssen Pausen einlegen, in denen die Symptome dann rückläufig sind. Weitere häufige Symptome sind eine Schwäche in den Beinen, Gefühlsstörungen, Missempfindungen, muskelkaterartiges Ziehen oder Kribbeln, Schmerzen im Kreuz- und Gesässbereich. Besonders im Frühstadium der Erkrankung sind die Beschwerden oft schwierig zu deuten.
Welche Untersuchungen führen zur Diagnose?
Ein wichtiges Instrument ist, auch trotz moderner Medizin, ein erstes Gespräch und die klinische Untersuchung durch den Hausarzt oder Wirbelsäulenspezialisten. Danach folgt die weitere Abklärung mittels MRI, Röntgen oder CT.
Ist immer eine spezialärztliche Beratung nötig?
Wenn die Diagnose einer Spinalkanalstenose gestellt wurde, ist die Beurteilung durch einen Wirbelsäulenchirurgen sinnvoll. Die Behandlung kann so optimal geplant und damit die Beschwerden möglichst rasch gelindert werden.
Welche Behandlung empfehlen Sie Ihren Patienten?
Bestehen nur milde Beschwerden und der Patient ist in seiner Lebensführung nicht oder nur wenig eingeschränkt, kann meist zugewartet werden. Oft reicht die alleinige Aufklärung über die Krankheit, und besonders im hohen Alter entscheiden sich Patienten nicht selten gegen weitere Therapien. Zudem können regemässig Schmerzmittel eingenommen sowie eine Physiotherapie durchgeführt werden.
Und bei stärkeren Beschwerden?
Werden die Beschwerden stärker, können sogenannte Infiltrationen, das heisst die Verabreichung von Medikamenten direkt in den Spinalkanal, hilfreich sein. Die Beschwerden lassen sich damit oft positiv beeinflussen. Die Spinalkanalverengung selber bleibt aber bestehen.
Kann die Spinalkanalstenose durch eine Operation behandelt werden?
Ja, falls die Befindlichkeit, die Lebensführung und die Mobilität zunehmend eingeschränkt sind, sollte die Engstelle im Spinalkanal operativ behoben werden. Treten Lähmungserscheinungen auf, muss in der Regel rasch gehandelt werden.
Welche Verfahren bieten sich bei der operativen Behandlung der Spinalkanalstenose an?
Wichtig ist, dass die Operation exakt auf die Veränderungen der Wirbelsäule, die Begleiterkrankungen und das biologische Alter des Patienten abgestimmt ist. Mit einer optimalen Operationsplanung in Kombination mit den heutigen, modernen Narkoseverfahren, ist eine operative Behandlung bis ins hohe Patientenalter möglich. Infrage kommen minimalinvasive, mikroskopische Operationen, die «Schlüssellochtechnik» oder eine Teilversteifung der Wirbelsäule mittels Schrauben.
Wie ist die Prognose?
Die Erfolgsrate von Spinalkanaloperationen ist grundsätzlich sehr gut. Liegt eine «einfache» Spinalkanalstenose vor, sind die in die Beine ausstrahlenden Beschwerden mit der Operation in der Regel rasch rückläufig.
Wie sieht die Nachbehandlung nach einer Spinalkanalstenosen-Operation aus? Ist ein Reha-Aufenthalt zwingend nötig?
Die Patienten dürfen noch am Tag der Operation unter Anleitung der Physiotherapie aufstehen. Eine stationäre Rehabilitation ist nicht grundsätzlich nötig. Es reicht, dem frisch operierten Rücken genügend Ruhe zu gönnen. Leichte Aktivitäten und Spaziergänge sind in den ersten Wochen nach der Operation meist Therapie genug!
Unser Spezialist
Häufige Symptome
- Ausstrahlende Schmerzen in die Beine beim Stehen und Gehen
- Kribbeln und Empfindungsstörungen
- Taubheitsgefühl
- Schwäche, Lähmungserscheinungen