Divertikulitis: eine häufige Dickdarmerkrankung
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Divertikel sind gutartige Ausstülpungen im Darm, die im Normalfall keine Beschwerden verursachen. Entzünden sie sich jedoch, kommt es zu dumpfen Schmerzen im Bauch und ein Arztbesuch ist unumgänglich.
Divertikel sind Ausstülpungen der innersten Schichten des Dickdarmes. Diese Schichten bestehen aus Schleimhaut und Unterschleimhaut. Bei erhöhtem Druck im Darm können sich diese Schichten durch eine Lücke in der Muskelschicht der Darmwand nach aussen wölben und werden dann nur noch von einer feinen Bauchfellschicht abgedeckt. Es handelt sich somit um empfindliche Schwachstellen der Dickdarmwand. Divertikel am Dickdarm sind meist knapp 1 cm gross.
Am häufigsten betroffen ist der letzte Teil des Dickdarms im linken Unterbauch, kurz vor dem Mastdarm. Grundsätzlich können Divertikel aber auch im ganzen restlichen Magen-Darmtrakt, ausser im Magen, vorkommen. Je älter wir werden, umso höher ist das Risiko, Divertikel zu bekommen. Im Alter von 80 Jahren haben ca. 60% aller Menschen Divertikel im Dickdarm, die meisten ohne es zu wissen, da Divertikel nicht unbedingt Probleme verursachen.
Über 75% der Patienten mit Divertikeln spüren nie etwas davon und bleiben ohne Krankheitszeichen. Die übrigen erleiden mindestens einmal in ihrem Leben eine Entzündung der Divertikel, eine sogenannte Divertikulitis. Divertikel führen hingegen nie zu einer Krebserkrankung.
Eine Entzündung der Dickdarmdivertikel verursacht dumpfe, manchmal wellenförmige Dauerschmerzen im Bauch, meistens im linken bis mittleren Unterbauch. Gelegentlich kommt Fieber dazu. In der Blutuntersuchung können Zeichen einer Entzündung nachgewiesen werden.
Bei eher milder Erkrankung ist die Symptomatik der Divertikulitis nur schwer vom Reizdarmsyndrom zu unterscheiden. Bei schwerer Erkrankung mit Darmdurchbruch kommt es jedoch zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung. In diesem Fall sind die Bauchschmerzen so stark, dass man den Bauch kaum mehr berühren darf.
Die Befragung des Patienten und die körperliche Untersuchung weisen den Arzt meist schon auf den richtigen Weg. Die Untersuchungen von Blut und Urin sowie die Ultraschalluntersuchung oder die Computertomografie führen in fast allen Fällen zur Diagnose. Die Computertomographie ist die beste Untersuchungsmethode zur Bestimmung des Schweregrades der Erkrankung.
Bei unkomplizierter, milder Divertikulitis ohne zusätzliche Erkrankungen kann die Behandlung auf eine engmaschige Beobachtung durch den Arzt limitiert werden. Ansonsten, und das ist meistens der Fall, werden Antibiotika verabreicht. Die Ernährung, entsprechend den obigen Empfehlungen, muss meist nicht pausiert werden.
Bei schwerem Verlauf soll ein Patient stationär in ein Spital aufgenommen werden. Die Antibiotika werden dann zu Beginn intravenös verabreicht. Gelegentlich muss die Ernährung für einige Tage pausiert werden.
Eine komplizierte Form der Divertikulitis liegt vor, wenn es zu einem Abszess, zu einer Fistel oder zu einer Blutung gekommen ist. In diesem Fall wird die Operation im sogenannten entzündungsfreien Intervall empfohlen. Gelegentlich muss vorübergehend eine Drainage in einen Abszess eingelegt werden.
Eine absolute Notfallsituation liegt dann vor, wenn eine Divertikulitis zum freien Darmdurchbruch mit Stuhlaustritt in die Bauchhöhle geführt hat. In einer solchen Situation muss notfallmässig operiert werden.
Das Ziel der Operation ist es, das erkrankte Segment des Dickdarmes zu entfernen und die Darmenden wieder zusammen zu nähen. Die Operation wird heute, wenn immer möglich laparoskopisch, das heisst mit der sogenannten „Schlüsselloch-Technik“ operiert.
Das Rückfallrisiko nach erfolgreicher Antibiotikabehandlung (also ohne Operation) betrifft lediglich 2 von 100 Patienten. Auch wenn es einige Jahre nach einer Divertikulitis wieder zu einer Divertikulitis kommt, die wiederum erfolgreich ohne Operation behandelt werden konnte, operieren wir heute in der Regel nicht mehr.
Die Rückfallgefahr nach einer komplizierten Divertikulitis, die zwar erfolgreich mit Antibiotika behandelt wurde, ist deutlich grösser (36% innert 5 Jahren). Risikofaktoren sind da z.B. eine entzündete Dickdarmstrecke von >5cm Länge, ein vom Darm selber abgedeckter Abszess, aber auch die Familiengeschichte mit anderen Familienmitgliedern, die ebenfalls an Divertikulitis litten.
Prof. Dr. Med. Walter R. Marti, Facharzt für Chirurgie, speziell Viszeralchirurgie
Dr. med. Gaudenz Curti, Facharzt für Chirurgie, speziell Viszeralchirurgie
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