Klinische Behandlungspfade: Steigern sie die Effizienz?
08.04.2025 | PDF | 221.24 KB
Die Hirslanden Klinik St. Anna hat mit klinischen Behandlungspfaden die Verweildauer bei neurochirurgischen Eingriffen reduziert – bei steigender Patientenzufriedenheit und mit Potenzial in weiteren Bereichen.
Die Forderung nach effizienten Abläufen bei gleichzeitig hoher medizinischer Qualität ist ein seit Jahren wiederkehrendes Anliegen der Gesundheitspolitik. Eine vielversprechende Lösung sind klinische Behandlungspfade. Doch was verbirgt sich hinter diesem Konzept und trägt es tatsächlich zur Steigerung der Effizienz bei?
Die Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern setzt seit Jahren gemeinsam mit ihrer Klinik für Neuro- und Wirbelsäulenchirurgie auf klinische Behandlungspfade. Den Nutzen dieser Behandlungspfade evaluiert die Klinik laufend und die Resultate sind erfreulich. Die aufeinander abgestimmten Prozesse haben beispielsweise die durchschnittliche Verweildauer verkürzt. Im Bereich der lumbalen Dekompressionen konnte sie von 3,7 auf 2,8 Nächte gesenkt werden. Die Hirslanden Klinik St. Anna liegt mit ihren Werten hinsichtlich der Verweildauer im schweizweiten Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt.
Die Pflegefachpersonen bewerten die verbesserte Abstimmung der Abläufe und eine verstärkte Fokussierung auf die Patientenedukation als positiv. Sie haben beobachtet, dass die Patient:innen sich aktiver als früher am Behandlungsprozess beteiligen und rascher selbstständig werden. Zudem trägt auch die Vorbereitung durch die Physiotherapie vor dem Eingriff zur schnellen Wiederherstellung der Mobilität bei, was sich wiederum positiv auf die Verweildauer auswirkt.
Die Entwicklung des Pflegeaufwands zeigt, dass die kürzere Aufenthaltsdauer zu keiner Mehrbelastung des Pflegepersonals führt. Der in Minuten gemessene Wert «Leistungserfassung Pflege (LEP)» ist pro Fall und pro Pflegetag sogar gesunken. Die Patientenzufriedenheit zeigt ebenfalls eine positive Entwicklung. So bewerten die Patient:innen unter anderem die Zufriedenheit mit dem Behandlungsteam sowie die Dauer des Aufenthalts als «sehr zufriedenstellend» bis «ausgezeichnet».
Um die Prozessqualität zu optimieren ist es entscheidend, im Behandlungsteam ein gemeinsames Verständnis der klinischen Pfade zu entwickeln. Die Grundlagen hierfür haben die Verantwortlichen der Neurochirurgie in mehreren gemeinsamen Workshops erarbeitet und dokumentiert. Evidenzbasierte Leitlinien unterstützten die Diskussion und gaben eine Entscheidungshilfe. Untersuchungen wurden hinterfragt und teils reduziert, wie beispielsweise postoperative Laborkontrollen. Die Datenbereinigung und die sinnvolle Gruppierung der Eingriffsarten waren wesentliche Kriterien, um die Wirksamkeit klinischer Behandlungspfade messbar nachzuweisen. Auch die Datenerhebung erwies sich als anspruchsvoll. Dies gilt insbesondere für die medizinischen Ergebnisse. Punktuelle Einzelfallanalysen wirkten hier Verzerrungen entgegen.
Ausserhalb der Neurochirurgie existieren in der Hirslanden Klinik St. Anna weitere klinische Behandlungspfade in Form von Programmen in der Orthopädie. Auch in diesem Fachgebiet optimiert das Behandlungsteam die Prozesse kontinuierlich. Die Klinik ist überzeugt, dieses Konzept in weiteren Fachbereichen implementieren zu können. Insbesondere in der Viszeralchirurgie ist die Literaturlage breit gefächert und bietet somit die Grundlage, um klinische Behandlungspfade einzuführen. Für Schweizer Spitäler sind klinische Behandlungspfade inzwischen ein etabliertes Konzept. Die Herausforderung besteht insbesondere darin, die Pfade konsequent umzusetzen und langfristig zu pflegen, um sich so kontinuierlich zu verbessern. Dabei ist es motivierend, die Ergebnisse von klinischen Behandlungspfaden konkret zu messen und dadurch die Transparenz in der medizinischen Versorgung zu erhöhen.
Da Behandlungspfade standardisierte Behandlungsabläufe vorgeben, können sie von Ärzt:innen als Einschränkung der ärztlichen Autonomie und Entscheidungsfreiheit empfunden werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, das Verständnis für den Umgang mit Behandlungspfaden von Beginn an zu fördern, insbesondere dafür, dass medizinisch begründbare Abweichungen vom Pfad Bestandteil des Konzepts und in bestimmten Situationen unabdingbar sind.