Hirslanden Fachartikel

Eine Diagnose der Spinalkanalstenose kann bei Betroffenen viele Fragen aufwerfen. Denn sie kann Unbehagen, Schmerzen und Mobilitätseinschränkungen mit sich bringen und den Alltag erheblich beeinflussen. Was Patientinnen und Patienten tun können, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern, erläutern die beiden Experten Dr. med. Nicolas Koechlin und Dr. med. Christopher Kelly der Hirslanden Klinik Birshof im folgenden Gespräch.

Mann sitzt auf Bettkante und hält sich den unteren Rücken

Was sollte ich in meinem täglichen Leben vermeiden, um meine Spinalkanalstenose nicht zu verschlimmern?

Zur Bewahrung der Gesundheit Ihrer Wirbelsäule sind zwei Schlüsselelemente entscheidend: die Vermeidung von Fehlbelastungen und die Förderung schützender Massnahmen. Zu den zu vermeidenden Fehlbelastungen gehört das Heben schwerer Gegenstände, besonders in verdrehten Positionen. Sollten Sie solche Lasten dennoch heben müssen, achten Sie auf eine korrekte Technik: Gehen Sie in die Knie und heben Sie mit einem geraden Rücken. Vermeiden Sie es zudem, lange Zeit in einer einzigen Position zu verweilen. Wenn Sie einen sitzenden Beruf ausüben, machen Sie regelmässige Pausen, um Ihre Wirbelsäule zu entlasten. Zudem verschlechtert Rauchen die Durchblutung und wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Wirbelsäule aus. Übergewicht erhöht den Druck auf die Wirbelsäule, daher ist es empfehlenswert, das Gewicht zu reduzieren. Auch Sportarten oder Aktivitäten wie schweres Gewichtheben oder Kontaktsportarten mit Stössen und Stürzen, die eine starke Belastung der Wirbelsäule mit sich bringen, sollten vermieden werden.

Auf der anderen Seite stehen die Schutzmassnahmen für Ihre Wirbelsäule. Regelmässige und moderate körperliche Aktivität stärkt die umliegenden Muskeln, verbessert die Flexibilität und erhöht die Belastbarkeit. Schwimmen, Walking oder Yoga sind dabei besonders empfehlenswert. Eine ergonomische Körperhaltung beim Sitzen, Stehen und Liegen verhindert unnötigen Druck auf die Wirbelsäule. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen ist, trägt zur Stärkung von Knochen und Muskeln bei. Stressmanagement ist ein weiterer wichtiger Aspekt, da chronischer Stress zu Muskelverspannungen und somit zu Rückenschmerzen führen kann. Nutzen Sie Techniken wie Meditation, Yoga oder Entspannungsübungen zur Stressbewältigung. Besonders ältere Menschen sollten auf eine Sturzprävention achten, da Stürze zu Verletzungen der Wirbelsäule führen können. Regelmässige Bewegung, Gleichgewichtstraining und die Beseitigung von Stolperfallen im Haushalt sind dabei hilfreiche Ansätze.

Wie kann ich Rückenschmerzen bei einer Spinalkanalstenose sofort lindern?

Um Rückenschmerzen durch eine Spinalkanalstenose sofort zu lindern, suchen Sie eine bequeme Position. Oft hilft es, leicht nach vorne zu beugen oder in der Embryonalposition zu liegen - das heisst, auf der Seite mit angezogenen Knien. Ruhe, Wärme, Schmerzmittel, einfache Übungen, sanftes Dehnen und Massagen können auch helfen. Aber denken Sie daran: Diese Methoden lindern nur die Symptome, sie behandeln nicht die Spinalkanalstenose selbst. Wenn die Schmerzen anhalten oder schlimmer werden, gehen Sie zur Ärztin oder zum Arzt. In einigen Fällen kann eine konservative Therapie nicht ausreichend sein. Dann kann eine Operation nötig sein, um die Spinalkanalstenose richtig zu behandeln.

Wie gefährlich ist eine unbehandelte Spinalkanalstenose?

Eine unbehandelte Spinalkanalstenose kann verschiedene Probleme verursachen, deren Schweregrad von verschiedenen Faktoren abhängt. Hier sind einige Folgen, die auftreten können:

  • Schmerzen: Unbehandelt können Rücken- und Gliederschmerzen schlimmer werden und chronisch werden, was Ihr tägliches Leben stark beeinträchtigt.
  • Mobilität: Wenn die Nerven im Rückenmarkskanal durch die Spinalkanalstenose zusammengedrückt werden, können Sie Probleme beim Gehen bekommen. Sie müssen sich möglicherweise nach kurzer Zeit hinsetzen oder vorbeugen. Sie können auch Schwäche und Koordinationsprobleme in den Beinen erleben.
  • Muskelkraft: Durch den anhaltenden Druck auf die Nerven können Ihre Muskeln schwächer werden. Dies kann Ihre Muskelkraft und Ihre Fähigkeit, tägliche Aktivitäten durchzuführen, beeinträchtigen.
  • Neurologische Probleme: In schweren Fällen können Sie Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Lähmungen in den Beinen erfahren. Bei einer Spinalkanalstenose im Halsbereich können auch Arme und Beine betroffen sein.
  • Kontrollverlust: Bei einer fortgeschrittenen Spinalkanalstenose können Sie Probleme mit der Kontrolle von Blase und Darm haben. Dies kann zu Inkontinenz führen.
  • Lebensqualität: Die Schmerzen und Behinderungen, die eine unbehandelte Spinalkanalstenose mit sich bringt, können zu Depressionen und sozialer Isolation führen und Ihre Lebensqualität stark beeinträchtigen.
  • Dauerhafte Schäden: In manchen Fällen können durch eine unbehandelte Spinalkanalstenose irreparable Nervenschäden entstehen, die sich auch nach einer späteren Behandlung nicht vollständig erholen.

Welche Risiken und Nebenwirkungen hat eine Operation?

Eine Operation zur Behandlung der Spinalkanalstenose ist ein ernsthafter Eingriff, der wie alle chirurgischen Verfahren mit Risiken verbunden ist. Es ist wichtig, diese Risiken ausführlich mit Ihrem Neurochirurgen zu besprechen, damit Sie eine fundierte Entscheidung treffen können. Wie bei jeder Operation können an der Operationsstelle Infektionen oder Blutungen auftreten, zusätzlich besteht das Risiko im Zusammenhang mit der Anästhesie und dem Herz-Kreislaufsystem. Eine weitere Gefahr besteht darin, umliegende Strukturen zu verletzen. Bei Eingriffen an der Wirbelsäule sind dies insbesondere nahegelegene Nerven, die Nervenhaut, Blutgefässe und bei Operationen an der Halswirbelsäule auch das Rückenmark.

Wie lange dauert eine Rehabilitation nach einer Operation?

Die Dauer der Rehabilitation nach einer Operation für eine Spinalkanalstenose kann von Patient zu Patient variieren und hängt von mehreren Faktoren ab, einschliesslich des Ausmasses der Operation, des individuellen Gesundheitszustands, des Alters und der allgemeinen Fitness der Patientinnen und Patienten. In der Regel dauert die Rehabilitation nach einer Operation für eine Spinalkanalstenose wenige Wochen bis mehrere Monate.

Hier ein grober Zeitplan der Rehabilitationsphasen:

  • Krankenhausaufenthalt (2-14 Tage): Patientinnen und Patienten bleiben in der Regel einige Tage zur Genesungsüberwachung und Schmerzkontrolle im Krankenhaus. Die Dauer hängt von der Komplexität der Operation ab.
  • Frühe Genesungsphase (1-2 Wochen): Hier konzentriert man sich auf Schmerzlinderung, Wundheilung und das Verhindern von Komplikationen. Die Fadenentfernung erfolgt gewöhnlich nach zwei Wochen.
  • Phase der Physiotherapie und Bewegungstherapie (1-6 Wochen): Hierbei liegt der Fokus auf der Stärkung der Muskulatur, der Verbesserung der Mobilität und der Unterstützung bei der Rückkehr zur normalen Aktivität. Die erste Kontrolle und der schrittweise Wiedereinstieg in den Beruf finden in der Regel nach sechs Wochen statt.
  • Mittlere Genesungsphase (6-12 Wochen): In diesem Zeitraum wird die Rehabilitation intensiver, um die Funktionalität der Wirbelsäule und der Extremitäten zu verbessern. Das Ziel ist es, eine schrittweise Rückkehr zu normalen Aktivitäten und Alltagsaufgaben zu ermöglichen. In der Regel wird nach Abschluss dieser Zeit eine signifikante Verbesserung erfahren und ein normales Aktivitätsniveau erreicht.
  • Fortgeschrittene Genesungsphase (3-6 Monate): Die meisten Patientinnen und Patienten können zu diesem Zeitpunkt ihre täglichen Aktivitäten wieder aufnehmen.

Was sind die Möglichkeiten und Erholungszeiten bei minimalinvasiven Operationen zur Behandlung von Spinalkanalstenose?

Minimalinvasive Operationstechniken zur Behandlung von Spinalkanalstenose haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und bieten einige Vorteile gegenüber herkömmlichen offenen Operationen. Die Erholungszeiten können in der Regel kürzer sein, und die Patientinnen und Patienten können oft früher zu ihren normalen Aktivitäten zurückkehren. Diese minimalinvasiven Techniken umfassen mikrochirurgische/mikroskopische Eingriffe, endoskopische Eingriffe und navigierte (Computerunterschützte) Eingriffe.

Welche Auswirkungen hat die medikamentöse Therapie auf meinen Alltag im Vergleich zu einer Operation?

Die medikamentöse Therapie bietet einen nicht-invasiven Ansatz zur Behandlung der Spinalkanalstenose, da sie keine chirurgischen Eingriffe erfordert. Diese Methode konzentriert sich auf die Kontrolle von Schmerzen und Entzündungen durch Medikamente. Zu den Vorteilen zählen eine schnelle Linderung der Symptome und eine mögliche Verbesserung der Lebensqualität, obwohl diese möglicherweise nicht vollständig ist. Allerdings hat eine medikamentöse Behandlung auch Nachteile, dazu gehören potenzielle Nebenwirkungen bei langfristiger Einnahme sowie eine begrenzte Heilungswirkung, da sie lediglich Symptome lindert, anstatt die eigentliche Ursache zu behandeln.

Im Gegensatz dazu ist eine Operation ein invasiver Ansatz, der einen chirurgischen Zugang zur betroffenen Stelle der Wirbelsäule erfordert. Ihr Ziel ist es, die Ursache der Spinalkanalstenose zu beseitigen oder zu korrigieren, was dazu führen kann, dass die Symptome dauerhaft verschwinden oder erheblich verbessert werden. Nach dem Eingriff könnte eine Rehabilitationsphase notwendig sein, um die Muskulatur zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und den Körper auf normale Aktivitäten vorzubereiten. Eine erfolgreiche Operation hat das Potenzial, langfristige Ergebnisse zu liefern und die Lebensqualität deutlich zu verbessern.

Die Entscheidung zwischen medikamentöser Therapie und Operation hängt von der Schwere der Symptome, dem Ausmass der Spinalkanalstenose, Ihrer allgemeinen Gesundheit und Ihren persönlichen Präferenzen ab. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird Ihre Situation beurteilen und Ihnen die besten Optionen entsprechend empfehlen.

Mit welchen Nebenwirkungen muss ich während einer medikamentösen Behandlung von Spinalkanalstenose rechnen?

Bei der medikamentösen Behandlung von Spinalkanalstenose können verschiedene Medikamente eingesetzt werden, um Symptome wie Schmerzen und Entzündungen zu kontrollieren. Jedes Medikament kann Nebenwirkungen haben, die von Person zu Person unterschiedlich sein können.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSARs/NSAIDs) werden häufig zur Schmerzkontrolle und zur Verringerung von Entzündungen eingesetzt. Mögliche Nebenwirkungen können Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Magenschmerzen und Sodbrennen sein. Langfristiger Gebrauch von NSAIDs kann auch das Risiko für Magengeschwüre, Blutungen und Herz-Kreislauf-Probleme erhöhen.

Analgetika wie Paracetamol können helfen, Schmerzen zu lindern. Bei längerer oder übermässiger Anwendung können jedoch Leberprobleme auftreten.

Stärkere Schmerzmittel wie Opioide werden bei der Behandlung von Spinalkanalstenose in der Regel nicht empfohlen, insbesondere nicht als langfristige Lösung. Die Beschwerden bei Spinalkanalstenose dauern oft länger als nur wenige Tage oder Wochen an, daher sind Opioide keine geeignete langfristige Option. Opioide haben ein hohes Abhängigkeitspotential und können zu physischer und psychischer Abhängigkeit führen, wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Zudem können sie eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen verursachen, wie Verstopfung, Übelkeit, Schläfrigkeit und Atemdepression. Langfristige Einnahme von Opioiden wurde auch mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate in Verbindung gebracht.

Muskelrelaxantien können dabei helfen, Muskelverspannungen zu reduzieren, aber sie können auch Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen.

Kortikosteroid-Injektionen/Infiltrationen können entzündungshemmend wirken, aber sie können auch Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, erhöhten Blutzucker, Osteoporose und Stimmungsschwankungen verursachen, insbesondere bei längerer Anwendung.

In einigen Fällen können Antidepressiva verschrieben werden, um Schmerzen zu kontrollieren und Schlafstörungen zu verbessern. Diese Medikamente können jedoch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Verstopfung und sexuelle Dysfunktion verursachen.

Welche Rolle spielt Physiotherapie bei der Behandlung von Spinalkanalstenose und wie kann sie zur Genesung beitragen?

Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Spinalkanalstenose und kann zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Durch gezielte Übungen und Therapien zielt die Physiotherapie darauf ab, die Symptome zu lindern, die Muskulatur zu stärken, die Flexibilität zu verbessern und die Mobilität zu fördern. Durch spezielle manuelle Techniken und therapeutische Übungen kann die Physiotherapie dazu beitragen, Schmerzen zu lindern und Muskelverspannungen zu reduzieren. Die Physiotherapie kann dazu beitragen, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu verbessern und eingeschränkte Bewegungsbereiche zu erweitern, wodurch die Funktion der Wirbelsäule gesteigert wird. Gezielte Übungen zur Stärkung der Rücken- und Rumpfmuskulatur können die Wirbelsäule unterstützen und entlasten, was dazu beitragen kann, weitere Schäden zu verhindern. Durch die Korrektur der Körperhaltung können unnötige Belastungen der Wirbelsäule vermieden werden. Koordinations- und Gleichgewichtstraining ist wichtig, um Stürze und Verletzungen zu verhindern, da eine Spinalkanalstenose das Gleichgewicht und die Koordination beeinträchtigen kann. Die Physiotherapie kann Ihnen helfen, Ihre täglichen Aktivitäten so anzupassen, dass sie Ihre Wirbelsäule schonen und Ihre Genesung unterstützen.

Die Physiotherapie ist in der Regel ein wichtiger Bestandteil des Behandlungsplans bei Spinalkanalstenose und wird häufig in Kombination mit anderen Therapieansätzen wie Medikamenten oder gegebenenfalls einer Operation eingesetzt. Ein individuell angepasstes physiotherapeutisches Programm kann dazu beitragen, die Funktionsfähigkeit und Lebensqualität zu verbessern, Schmerzen zu lindern und die Genesung zu unterstützen.

Dieses Thema wird in Zusammenarbeit mit meineEltern.ch und der Hirslanden Klinik Birshof präsentiert. Dr. med. Nicolas Koechlin und Dr. med. Christopher Kelly sind Fachärzte für Neurochirurgie, interventionelle Schmerztherapie (SSIPM) und Wirbelsäulenchirurgie (SGNC und SO) und arbeiten als Belegärzte an der Hirslanden Klinik Birshof in Münchenstein BL.