Jährlich erkranken in der Schweiz etwa 1’000 Menschen an Leukämie, was diese Krankheit grundsätzlich zu einer seltenen Krebserkrankung macht. Bei Kindern jedoch ist Leukämie die am häufigsten auftretende Krebsart. Obwohl Leukämie besonders häufig bei Kindern auftritt, kann die Krankheit in jedem Alter vorkommen.

Leukämie im Überblick

Leukämie, umgangssprachlich als Blutkrebs bekannt, ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die durch das unkontrollierte Wachstum veränderter weisser Blutzellen gekennzeichnet ist. Diese Krebszellen vermehren sich schnell und verdrängen gesunde Blutzellen im Knochenmark, was zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Komplikationen führen kann. Leukämie kann verschiedene Formen und Verläufe aufweisen, abhängig davon, ob sie akut oder chronisch ist und welche Blutzellen betroffen sind. Die akuten Leukämien entwickeln sich rasant und führen in kurzer Zeit zu lebensbedrohlichen Zuständen, wenn sie nicht rasch behandelt werden. Die chronischen Leukämiearten entwickeln sich langsamer und haben oft einen langen Krankheitsverlauf, bevor sie überhaupt entdeckt werden. 

Lymphatische Leukämie

Lymphatische Leukämie ist eine Art von Blutkrebs, bei der die Zellen des lymphatischen Systems betroffen sind, insbesondere die Lymphozyten. Diese Erkrankung führt zu einer unkontrollierten Vermehrung von unreifen oder funktionsgestörten Lymphozyten im Knochenmark, Blut und manchmal im Lymphsystem.

  • Akute lymphatische Leukämie (ALL)
    Die akute lymphatische Leukämie (ALL) betrifft die lymphatischen Zellen, insbesondere die B- und T-Lymphozyten. Dabei entwickeln sich die Vorläuferzellen, aus denen normalerweise Lymphozyten entstehen, zu bösartigen Leukämiezellen. ALL ist die häufigste Form der Leukämie im Kindesalter, kann jedoch auch bei Erwachsenen auftreten.
  • Chronische lymphatische Leukämie (CLL)
    Die chronische lymphatische Leukämie, kurz CLL, betrifft die B-Lymphozyten. Bei der CLL kommt es zu einer Ansammlung funktionsloser (immuninkompetenter) Lymphozyten im Knochenmark, Blutkreislauf und Lymphsystem. Diese Leukämieform kommt fast ausschliesslich bei Erwachsenen vor und ist die häufigste Leukämie bei älteren Menschen, vornehmlich über 60 Jahren. Da die CLL meist im höheren Lebensalter auftritt, wird sie umgangssprachlich oft auch als Altersleukämie bezeichnet. CLL schreitet langsam voran und wird in vielen Fällen zufällig bei Routineuntersuchungen entdeckt.

Myeloische Leukämie

Myeloische Leukämie ist eine Form des Blutkrebses, bei der die myeloischen Zellen betroffen sind – Zellen, die sich normalerweise zu Granulozyten, roten Blutkörperchen und Blutplättchen entwickeln. Diese Leukämie führt zu einer unkontrollierten Vermehrung unreifer oder funktionsgestörter myeloischer Zellen im Knochenmark und Blut.

  • Akute myeloische Leukämie (AML)
    Die akute myeloische Leukämie, kurz AML, ist eine biologisch heterogene Erkrankung des blutbildenden Systems, bei der unreife myeloische Vorläuferzellen, insbesondere Granulozyten, Erythrozyten und Blutplättchen, unkontrolliert wachsen. AML tritt überwiegend bei älteren Erwachsenen über 60 Jahren auf und verläuft unbehandelt sehr rasch und lebensbedrohlich.
  • Chronische myeloische Leukämie (CML)
    Im Gegensatz zur akuten myeloischen Leukämie (AML) schreitet die chronische myeloische Leukämie (CML) langsam fort. Die CML ist durch eine Entartung der Blutstammzellen gekennzeichnet, was zu einer unkontrollierten Vermehrung bestimmter Untergruppen weisser Blutkörperchen (Leukozyten), insbesondere der Granulozyten, führt.

Ursachen und Risikofaktoren von Leukämie

Für die meisten der Leukämiearten sind die Ursachen mehrheitlich unklar. Alle Formen von Blutkrebs haben jedoch gemeinsam, dass sie aus Vorläuferzellen, sogenannten Stammzellen, des Blutes entstehen. Die von der Leukämie betroffenen Vorläuferzellen vermehren sich dabei unkontrolliert und verdrängen die Bildung von gesunden Blutzellen.

Obwohl die Ursachen für Leukämie noch nicht vollständig geklärt sind, gibt es verschiedene Faktoren, die das Risiko für Blutkrebs erhöhen können:

Genetische Mutationen

Genetische Mutationen können eine Rolle bei der Entstehung bestimmter Leukämieformen spielen. Ein bekannter Gendefekt ist das sogenannte Philadelphia-Chromosom, das durch eine genetische Veränderung auf Chromosom 22 entsteht. Diese Mutation ist charakteristisch für die chronische myeloische Leukämie (CML). Warum es zu diesem Gendefekt kommt, ist hingegen wiederum nicht bekannt.


Andere genetische Mutationen oder erbliche Erkrankungen können ebenfalls das Risiko für verschiedene Leukämiearten erhöhen, speziell in Familien mit einer Häufung von Blutkrebsfällen.


Strahlenexposition

Strahlenexposition, speziell durch radioaktive Strahlung, ist ein bekannter Risikofaktor für Leukämie. Menschen, die hohen Dosen ionisierender Strahlung ausgesetzt waren, haben ein erhöhtes Risiko, an Blutkrebs zu erkranken.

Kontakt mit Chemikalien

Bestimmte Chemikalien, vornehmlich Benzol und Formaldehyd, sind krebserregend und können die Entwicklung von Leukämie begünstigen. Benzol, das in der chemischen Industrie und auch in Zigarettenrauch vorkommt, ist besonders gefährlich für das blutbildende System.

Medikamente

Bestimmte Medikamente, insbesondere Zytostatika, die zur Chemotherapie eingesetzt werden, können paradoxerweise das Risiko für die Entwicklung von Leukämie erhöhen. Diese Medikamente greifen gezielt schnell wachsende Zellen an und können bei einigen Patienten nach der Behandlung anderer Krebsarten sekundäre Leukämien hervorrufen, meist in Form einer akuten myeloischen Leukämie (AML).

Symptome

Die Beschwerden bei einer Leukämie sind sehr vielfältig und lassen sich vor allem auf die gestörte Blutbildung zurückführen.

  • Blutarmut, Müdigkeit und Atemnot: Diese Symptome entstehen, wenn die Produktion der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) beeinträchtigt ist, da diese für den Sauerstofftransport im Körper verantwortlich sind.
  • Verstärkte Blutungsneigung: Bei einer gestörten Bildung der Blutplättchen (Thrombozyten), die für die Blutgerinnung verantwortlich sind, kommt es zu einer erhöhten Blutungsneigung. Dies zeigt sich oft durch wiederkehrendes Nasen- oder Zahnfleischbluten.
  • Infektionsanfälligkeit, Fieber und Entzündungen: Da bei Leukämie auch die weissen Blutkörperchen, die Abwehrzellen des Blutes, betroffen sind, wird das Immunsystem stark geschwächt. Das führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen, häufig begleitet von Fieber und entzündlichen Reaktionen im Körper.
  • Vergrösserung der Milz oder Leber: Bei vielen Leukämieformen kann es zu einer schmerzhaften Vergrösserung der Milz (Splenomegalie) oder der Leber (Hepatomegalie) kommen. Diese Organe versuchen, die Funktionsstörungen der Blutzellenproduktion auszugleichen, was zu einer Überlastung führt.
  • Knochenschmerzen: Da die Blutbildung im Knochenmark stattfindet, kann Leukämie auch das Knochenmark beeinträchtigen und zu Knochenschmerzen führen. Diese treten oft in den langen Knochen oder im Rücken auf.

Besonders bei akuter Leukämie treten diese Anzeichen schnell und heftig auf, während bei chronischer Leukämie oft über lange Zeit keine Symptome auftreten.

Diagnose von Leukämie

Die Diagnose einer Leukämie erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus Bluttests und Knochenmarkuntersuchungen. Ein Blutbild liefert oft erste Anhaltspunkte, etwa eine erhöhte Anzahl unreifer weisser Blutzellen, die typisch für Leukämie ist. Für eine präzise Diagnosestellung wird eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt, so kann die genaue Art der Leukämie bestimmt und die passende Therapie geplant werden.

Behandlung von Leukämie

Die Therapie von Leukämie richtet sich nach der Leukämieart, der Verlaufsform (akut oder chronisch), sowie dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Je nach Form und Krankheitsstadium kommen unterschiedliche Therapieformen zum Einsatz.  Die Behandlung wird meist individuell auf den Patienten angepasst.

  • Chemotherapie: Die Chemotherapie ist die am häufigsten eingesetzte Therapie bei der Behandlung von Leukämie und zielt darauf ab, Krebszellen im gesamten Körper zu zerstören.
  • Strahlentherapie: Die Strahlentherapie wird überwiegend in Kombination mit der Chemotherapie eingesetzt, insbesondere bei der Therapie einer fortgeschrittener Erkrankung.
  • Knochenmarktransplantation (Stammzelltransplantation): Diese Therapie bietet bei vielen Formen von Leukämie eine Chance auf Heilung, indem das erkrankte Knochenmark durch gesundes ersetzt wird.
  • Immuntherapie: Bei der Immuntherapie, wie beispielsweise der Antikörpertherapie, wird das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen genutzt.

Leukämien im Kindesalter können heute mehrheitlich geheilt werden. Auch im Erwachsenenalter können bei bestimmten Formen, wie zum Beispiel bei der chronisch myeloischen Leukämie (CML), sehr gute Behandlungsergebnisse erzielt werden.

Präventionsmassnahmen

Spezifische präventive Massnahmen gegen Leukämie sind bisher kaum bekannt, da die genauen Ursachen nicht vollständig geklärt sind. Allerdings kann ein gesunder Lebensstil das allgemeine Krebsrisiko senken. Hierzu gehören der Verzicht auf Tabakkonsum, eine ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung und das Meiden von Umweltgiften. Auch die Teilnahme an regelmässigen Gesundheitsuntersuchungen kann dazu beitragen, die Krankheit frühzeitig zu erkennen und die Prognose zu verbessern.

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