Die ärztliche Versorgung in der Klinik Hirslanden beruht auf der Zusammenarbeit zwischen den Spezialistinnen und Spezialisten vieler verschiedener Fachgebiete, zu denen auch die Fachärztinnen und -ärzte für Allgemeine Innere Medizin gehören. Als Generalisten, die den Menschen stets als Ganzes im Blick haben, sind sie die erste Anlaufstelle für die Abklärung unklarer Krankheitsbilder und das Management von komorbiden und oft polymorbiden Patienten. Als spitalinterne «Dienstleister» unterstützen und entlasten sie zudem die spezialisierten Fachärzte mit einem breiten Spektrum an Behandlungen - in der Diagnostik genauso wie in der Therapie.
Die Allgemeine Innere Medizin umfasst die Prävention, die Diagnostik und die nicht-operative Behandlung von Erkrankungen aller Organsysteme im menschlichen Körper. Mit diesem sehr breiten Kompetenzspektrum wirkt das Fachgebiet auf den ersten Blick fast etwas aus der Zeit gefallen, geht der Trend in der Medizin doch seit Jahren in Richtung einer immer stärkeren Spezialisierung. So gibt es in der Schweiz inzwischen nicht weniger als 45 Facharzttitel und 37 Schwerpunkte für Subspezialisierungen. Doch auch – oder gerade – in einer Zeit der voranschreitenden fachlichen Ausdifferenzierung kommt der Allgemeinen Inneren Medizin eine bedeutende Rolle zu. Das gilt zunächst für die Hausarztmedizin, wo Internistinnen und Internisten eine umfassende Grundversorgung sicherstellen. Eine wichtige Funktion hat die Allgemeine Innere Medizin aber auch in einem Spital wie der Klinik Hirslanden. Sie ist das Thema dieses Beitrags.
Drei Aufgabenschwerpunkte
Die Aufgaben der Internistinnen und Internisten in der Klinik Hirslanden lassen sich in drei Schwerpunkte gliedern: in die Abklärung und Behandlung von zunächst unklaren Leiden, in die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit komplexen oder systemübergreifenden Krankheiten sowie in die internistische Versorgung von chirurgischen und nicht-chirurgischen Patienten mit erheblichen Begleiterkrankungen.
«Bei all diesen Aufgaben arbeiten wir eng mit den Vertretern anderer Disziplinen zusammen», sagt PD Dr. med. Martina Kleber, Chefärztin am Institut für Allgemeine Innere Medizin der Klinik Hirslanden. Mehr noch: «Wir verstehen uns als ‹Dienstleister› für die spezialisierten und hochspezialisierten Ärztinnen und Ärzte. Wir ergänzen deren Expertise mit unserem internistischen Fachwissen und ermöglichen ihnen gleichzeitig, sich ganz auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.»
Ein Beispiel ist die Durchführung präoperativer Abklärungen zusammen mit den Anästhesisten vor komplexen Operationen, namentlich solchen der hochspezialisierten Medizin. Dazu kommt, dass die Internisten je nach Patientenfall die diagnostischen und therapeutischen Leistungen verschiedener Fachgebiete koordinieren und zu einem Gesamtbehandlungskonzept integrieren – «stets in enger Absprache mit den behandelnden Spezialisten und individuell auf jeden Patienten zugeschnitten», wie PD Dr. med. Kleber betont.
Darüber hinaus sind die diensthabenden Internisten auch für die unverzügliche Betreuung aller hospitalisierter Patienten zuständig, deren Gesundheitszustand sich plötzlich kritisch verschlechtert. Zusammen mit den Dienstärzten Intensivmedizin bilden sie zu diesem Zweck das rund um die Uhr einsatzbereite «Medical Emergency Team», in das je nach Fall weitere Spezialisten eingebunden werden.
Diagnosestellung bei Symptomen unklarer Ursachen
Eine Diagnose kommt dadurch zustande, dass die vom Patienten geschilderten Beschwerden und die vom Arzt erhobenen Befunde zu einem Gesamtbild zusammengefügt und einer bestimmten Erkrankung zugewiesen werden. Zu diesen Befunden zählen zunächst die Erkenntnisse aus der Patientenbefragung (Anamnese) und der klinischen (körperlichen) Untersuchung. Manchmal reichen sie schon aus, um eine Diagnose zu stellen. Häufig begründen sie indessen lediglich einen Verdacht, der anhand weiterer Untersuchungen erhärtet werden muss. Dazu gehören beispielsweise Laboruntersuchungen des Blutes, bildgebende Verfahren wie Ultraschall, MRI (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) und Gewebeproben.
Sind die Symptome und die erhobenen Befunde in einzelnen Fällen nicht konklusiv beurteilbar und eine konkrete Verdachtsdiagnose nicht objektivierbar, stellt sich die Frage, welche weiteren Diagnostikschritte indiziert sind. In solchen Fällen verbergen sich hinter zunächst unklaren Beschwerden immer wieder auch seltene Erkrankungen. Die Anbindung an die Allgemeine Innere Medizin mit Involvierung der entsprechenden Fachklinik bringt den Patienten und Hausärzten klare Vorteile. Das Ziel, unter Vermeidung einer Überdiagnostik möglichst rasch zu einer Diagnose zu gelangen, wird dabei stets verfolgt.
«Clinical Reasoning»
Die Diagnosefindung und die anschliessende Therapieplanung beruhen auf einem Prozess, der als «Clinical Reasoning» bezeichnet wird, was sich mit «klinisch orientiertes logisches Denken» übersetzen lässt. «Dabei geht es darum», so PD Dr. med. Kleber, «dass wir unser ganzes Fachwissen und unsere über die Jahre erworbene Erfahrung auf strukturierte Art und Weise mit allen bereits vorliegenden Befunden abgleichen, um daraus gezielte Fragestellungen abzuleiten.
Diese werden sodann anhand weiterer Untersuchungen geklärt. Dadurch grenzen wir den Kreis der möglichen Diagnosen schrittweise ein, bis wir schliesslich die zutreffende Diagnose stellen können.» Durchgeführt werden die in diesem Prozess stets begründbaren Untersuchungen von hinzugezogenen Spezialisten, etwa von einem Radiologen für eine Bildgebung oder von einem Gastroenterologen für eine Magenspiegelung. Liegt die Diagnose vor, werden für die Planung und Durchführung der Therapie falls notwendig weitere Fachgebiete involviert.
Das Clinical Reasoning gehört zu den Kernkompetenzen von Internisten. Es ist deshalb ein zentrales Element in der Ausbildung der nächsten Generation von Fachärztinnen und -ärzten für Allgemeine Innere Medizin, welche die Klinik Hirslanden Zürich als zertifizierte Weiterbildungsstätte der obersten Kategorie A anbietet.
Patienten mit komplexen Krankheitsbildern oder erheblichen Begleiterkrankungen
Da die Allgemeine Innere Medizin einen umfassenden Ansatz pflegt und nicht auf ein konkretes Organ und dessen Erkrankungen fokussiert ist, kommt ihr bei der Betreuung von Patientinnen und Patienten, bei denen mehrere Erkrankungen oder Therapien miteinander in Wechselwirkung stehen, eine zentrale Rolle zu. Dazu gehören komplexe Krankheitsbilder wie beispielsweise Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz, die nicht zuletzt auf Grund ihrer wechselseitigen Beeinflussung komplex sind.
Daneben gibt es auch Begleiterkrankungen, die mit der Grunderkrankung ursächlich zwar nicht zusammenhängen, deren Therapien aber dennoch aufeinander abgestimmt werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist das Management der Blutgerinnung bei einem Patienten mit der Herzerkrankung Vorhofflimmern, der sich einer Darmoperation unterziehen muss.
Insbesondere bei hochbetagten Patientinnen und Patienten mit zum Teil schweren und oft multiplen Begleiterkrankungen stellt sich nicht nur die Frage, welche diagnostischen und therapeutischen Massnahmen angezeigt sind. Ebenso wichtig ist es laut PD Dr. med. Kleber, «gemeinsam mit dem Patienten ein Behandlungsziel unter Einbezug seiner Wünsche und Bedürfnisse zu eruieren und dann festzulegen.» Man bezeichnet dies als «shared decision-making». Eine solche gemeinsame Entscheidungsfindung ist nicht nur aus ethischen Gründen richtig. Sie ist auch ein wichtiger Schlüssel, um die bestmögliche Lebensqualität unter den Bedingungen einer Erkrankung zu erlangen.
Ärzte 1
Leiterin Marketing & Kommunikation
Klinik Hirslanden
GLOSSAR
• INTERNIST: Facharzt für Allgemeine Innere Medizin
• BEGLEITERKRANKUNG: zusätzliche Erkrankung(en) neben der Grunderkrankung, welche im Vordergrund einer Therapie steht. Der Fachbegriff ist Komorbidität.
• POLYMORBIDITÄT: gleichzeitiges Vorliegen von zwei oder mehr Krankheiten
• BEFUND: Ergebnis einer Untersuchung des Patienten