Spinalstenose – verkanntes Rückenleiden
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Die Verengung des Wirbelsäulenkanals (Spinalkanalstenose) ist eine der häufigsten Rückenerkrankungen bei älteren Menschen. Die Beschwerden entwickeln sich meist langsam über Jahre und werden oft übersehen oder auf den Alterungsprozess zurückgeführt. Rücken- und Beinschmerzen sowie die eingeschränkte Gehfähigkeit können die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Die Krankheit kann aber heutzutage gut und mit schonenden Eingriffen behandelt werden.
Der Alterungsprozess macht leider auch an der Wirbelsäule, der zentralen Achse des menschlichen Körpers, nicht halt. Er führt zu Abnutzungserscheinungen, die an den beweglichen Abschnitten, sprich an den Lenden- und Halswirbeln, am deutlichsten ausgeprägt sind. Es kommt zur Arthrose, einem knöchernen Anbau der Zwischenwirbelgelenke und zur Verdickung der umliegenden Bänder. Die Folge ist, dass sich der Wirbelkanal verengt und dadurch die Spinalnerven und unter Umständen sogar das Rückenmark eingeklemmt werden.
Die Beschwerden entwickeln sich meist schleichend über Monate oder Jahre. Die Schmerzen strahlen beim Gehen häufig bis ins Bein und sind nicht zwingend von Rückenschmerzen begleitet. Manchmal liegt auch nur eine Schwäche vor. Man spricht auch von einer Schaufensterkrankheit (Claudicatio spinalis), da die Patienten nach einer bestimmten Gehstrecke jeweils kurz anhalten müssen.
Bei einer Verengung im Bereich der Halswirbelsäule sind die Symptome anders, da hier häufig auch das Rückenmark betroffen ist. Eine Einklemmung des Rückenmarks kann zu diffusen Gefühlsstörungen und Missempfindungen an den Armen und Händen, zu einer Beeinträchtigung der Feinmotorik, sowie zu einer Gangunsicherheit und zu Blasen- und Darmentleerungsstörungen führen.
Bei einem Verdacht auf eine Spinalkanalstenose sollte zuerst eine ausführliche neurologische Untersuchung durchgeführt werden. Erhärtet sich dabei der Verdacht, wird eine bildgebende Abklärung mittels Kernspintomographie (MRI) oder Computertomographie (CT) veranlasst. Zum Ausschluss eines Wirbelgleitens können zusätzlich spezielle Röntgenaufnahmen erforderlich sein. Eine Durchblutungsstörung der Beine kann ähnliche Beschwerden wie bei einer Spinalkanalverengung auslösen. Deshalb ist gelegentlich auch eine Abklärung der Blutgefässe nötig.
Verengungen im Bereich der Lenden- und der Brustwirbelsäule werden in der Regel mikrochirurgisch erweitert. Über einen kleinen, rund zwei Zentimeter langen Hautschnitt in der Rückenmitte wird die Rückenmuskulatur auf die Seite geschoben. Anschliessend eröffnet der Chirurg den Wirbelkanal unter dem Operationsmikroskop und trägt die verdickten Bänder und Anteile der arthrotischen Zwischenwirbelgelenke ab bis die Nerven wieder frei sind. Falls zusätzlich ein Wirbelgleiten (Instabilität) vorliegt, kann gleichzeitig ein stabilisierender Eingriff (Spondylodese) durchgeführt werden.
Bei Verengungen im Bereich der Halswirbelsäule kann die mikrochirurgische Entlastung entweder über einen kleinen kaum sichtbaren Schnitt in der Hautfalte am Hals oder am Nacken erfolgen. Welcher Zugangsweg besser geeignet ist, hängt von der Art und der Lage der Verengung ab. Eine Operation von vorne hat den Vorteil, dass die Nackenmuskulatur intakt bleibt, was zu einer sehr kurzen Erholungszeit und geringen postoperativen Schmerzen führt. Der Nachteil ist dagegen, dass die Bandscheibe entfernt und gleichzeitig eine Stabilisation durchgeführt werden muss. Ist nur ein Segment betroffen, fällt dies jedoch kaum ins Gewicht. In speziellen Fällen kann auch eine Bandscheibenprothese eingesetzt werden, um die Beweglichkeit der Wirbel zu erhalten.
Bei sich über mehr als zwei Höhen erstreckenden Verengungen im Halswirbelsäulenbereich kann das Rückenmark mit einer sogenannten Laminoplastie entlastet werden. Dabei werden die hinteren Anteile der Wirbelsäule auf einer Seite durchtrennt, zur anderen Seite hin um einige Millimeter aufgeklappt und anschliessend mit speziellen Titanplättchen in dieser Position fixiert. Diese neue Methode erlaubt die erfolgreiche Behandlung von langstreckigen Verengungen.
Aufgrund der Natur der Krankheit ist es bei Spinalkanalverengungen naheliegend, dass nur eine Entlastung der eingeklemmten Nerven die Beschwerden langfristig lindern kann. Gelegentlich kann es jedoch zur Überbrückung der Zeit bis zu einem Eingriff oder bei Patienten, deren Zustand keine Operation erlaubt, sinnvoll sein, eine interventionelle Schmerztherapie durchzuführen. Dabei wird eine feine Nadel unter Röntgenkontrolle präzise im Wirbelsäulenkanal oder neben der Nervenwurzel platziert. Anschliessend wird ein stark wirksames entzündungshemmendes Mittel gespritzt (Infiltration). Diese Behandlung kann falls notwendig beliebig oft wiederholt werden.
Bei minimalinvasiven Eingriffen profitieren die Patienten von einer schnellen Genesung mit kurzem Spitalaufenthalt. Trotzdem ist nach einer Operation oft ein Rehabilitationsaufenthalt sinnvoll. Aufgrund der meist jahrelang bestehenden Verengung benötigen die eingeklemmten Nerven und die Muskulatur eine lange Erholungszeit. Diese kann Wochen bis Monate in Anspruch nehmen und erfordert eine intensive Physiotherapie.