Das Da-Vinci-System – der neue Helfer im urologischen Operationssaal
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Die roboterassistierte Operation mit dem Da-Vinci-System ist eine Weiterentwicklung der Laparoskopie («Schlüsselloch-Chirurgie»). Dank einem 3D-Kamerasystems und einer intuitiven Steuerung voll beweglicher Instrumente ermöglicht dieses System, Operationen minimalinvasiv mit höchster Präzision und Gewebeschonung durchzuführen.
Ende der 80er-Jahre gab das amerikanische Verteidigungsministerium die Entwicklung fernbedienbarer Systeme für eine ärztliche Erstversorgung von verletzten Soldaten an der Front («remote battlefield surgery») in Auftrag. Für eine zivile Nutzung der entstandenen Prototypen wurde 1995 die Firma Intuitive Surgical® gegründet. 1999 wurde das erste Da-Vinci-System für die roboterassistierte laparoskopische Chirurgie vorgestellt. Seitdem wurde es stetig weiterentwickelt.
Ein Da-Vinci-System besteht aus einem Patientenwagen und einer Konsole. Der Patientenwagen hat 4 bewegliche Arme und wird für den Eingriff an den OP-Tisch gefahren. Ein Arm dient zur Führung einer 3D-HD-Kamera. Die übrigen drei Arme können mit unterschiedlichen Instrumenten (z. B. Scheren, Pinzetten) bestückt werden. Sowohl die Kamera als auch die Instrumente werden durch 5–12 mm grosse Einstichhülsen (Trokare) in den zur besseren Sicht mit CO2-Gas gefüllten Bauchraum des Patienten geführt. Alle vier Arme bedient der Operateur von der Konsole aus. Hierbei sieht er ein hochauflösendes dreidimensionales Bild und bewegt sowohl die einzelnen Instrumente als auch die Kamera in Echtzeit mit speziellen Handschlaufen intuitiv und präzise. Mit den Füssen kann er zwischen den einzelnen Instrumentenarmen umschalten und z. B. zur Verödung von kleinen Blutgefässen Hochfrequenzstrom an einzelne Instrumente leiten. Während der Operateur an der Konsole sitzt, unterstützt ihn der Assistent am OP-Tisch, indem er die Instrumente an den Armen auswechselt und z. B. Nahtmaterial über einen Trokar in den Bauchraum hineinreicht. Das Da-Vinci-System selbst führt immer nur Bewegungen des Operateurs aus. Weder trifft es eigenständige Entscheidungen noch ist es programmierbar. Dementsprechend sind es nach wie vor die operative Erfahrung (insbesondere die am Da-Vinci-System) und das Geschick des Chirurgen, die das Operationsergebnis bestimmen.
Im Vergleich zur normalen Laparoskopie bringt die roboterassistierte Operation mit dem Da-Vinci-System dem Operateur zahlreiche Verbesserungen. Zunächst einmal sitzt er entspannt an der ergonomischen Konsole und kann sich voll auf den Eingriff konzentrieren. Die hochauflösende Kamera bietet ihm eine exzellente 3D-Sicht, und mit bis zu 10-facher Vergrösserung lassen sich selbst feinste Strukturen erkennen und präparieren. Eine Besonderheit des Da-Vinci-Systems sind die Instrumente, welche anders als bei der normalen Laparoskopie kleine Gelenke enthalten, die eine Beweglichkeit in 7 Freiheitsgraden ermöglichen und damit dem Chirurgen Instrumentenbewegungen erlauben, die sogar den Bewegungsumfang des Handgelenks übersteigen. Der Operateur steuert die Instrumente mit Handschlaufen, deren Bewegungen sich mit einer wählbaren Skalierung (bis 1:5) auf die Instrumente übertragen, wobei natürliche Zitterbewegungen herausgefiltert werden. Dadurch ist die Instrumentenführung hoch präzise und intuitiv. Auch komplexe Bewegungen, wie etwa beim Nähen und Knoten eines Fadens, sind problemlos möglich.
Der Patient geniesst alle Vorteile der laparoskopischen Chirurgie: die nur kleinen Hautschnitte für die Trokare, die geringeren Schmerzen nach der Operation und damit die schnellere Genesung nach einem solchen Eingriff. Die gute Sicht und die präzise Instrumentenbedienung ermöglichen nicht nur ein sehr blutungsarmes und wenig traumatisierendes Operieren, sondern erlauben dem erfahrenen Chirurgen, auch schwere und komplexe Eingriffe mit dieser schonenden Technik durchzuführen.
Seit der Einführung des Da-Vinci-Systems hat es seine grösste Verbreitung in der urologischen Chirurgie gefunden. Folgende Eingriffe werden inzwischen roboterassistiert durchgeführt:
Die Prostatektomie bei Prostatakrebs ist ein Eingriff, bei dem alle Vorteile der Technik für den Erhalt der Kontinenz (Fähigkeit, Urin zu halten) und der Potenz genutzt werden können. In den USA werden inzwischen über 80 % der Prostatektomien als roboterassistierte Eingriffe durchgeführt.
Bei Blasentumoren, die in den Blasenmuskel einwachsen, ist eine komplette Entfernung der Harnblase sowie der Lymphknoten im Becken notwendig. Auch dieser grosse chirurgische Eingriff lässt sich sehr gut roboterassistiert durchführen.
Die Entfernung einer funktionslosen Niere oder einer Niere mit einem grossen Tumor ist problemlos roboterassistiert möglich. Bei Nierentumoren sollte aber prinzipiell versucht werden, den Tumor unter Erhalt der Restniere zu entfernen. Hier bietet der roboterassistierte Zugang besondere Vorteile und ist in einer geübten Hand das ideale minimalinvasive Verfahren für die organerhaltende Nierenchirurgie.
Die schmerzhafte Nierenbeckenerweiterung kann mit einer Nierenbeckenplastik operativ behandelt werden. Hierbei müssen Harnleiter und Nierenbecken neu zusammengenäht werden, was roboterassistiert sehr gut durchführbar ist.
Die Entfernung einer Nebenniere ist bei Tumoren oder einer Hormonüberproduktion notwendig. Roboterassistiert ist der Eingriff ohne grösseren Hautschnitt möglich.
Vom Februar 2013 an wird Hirslanden Bern die neueste Generation des Da-Vinci-Systems zur Verfügung stehen. Das UrologieZentrum Bern wird alle der oben genannten roboterassistierten urologischen Eingriffe durch kompetente Ärzte mit der notwendigen operativen Erfahrung anbieten.