Bei vielen Personen entstehen im Alter wiederkehrende Rücken- und Hüftschmerzen bei Bewegung. Oft ist die Ursache dieser Beschwerden nicht muskulär oder abnutzungsbedingt, sondern hat seinen Ursprung in einer sogenannten Arteriosklerose. In den meisten Fällen können diese Durchblutungsstörungen mit einem gezielten Eingriff behoben und ein gutes, schmerzfreies Bewegungsgefühl wiederhergestellt werden.

Ich (m, 71) leide seit einiger Zeit an Rücken- und Hüftschmerzen, die sich vor allem beim Gehen bemerkbar machen. Ich muss immer mal Pausen einlegen. Ich versuchte es mit Physiotherapie, aber das half kaum.

Was könnte die Ursache meiner Probleme sein?

Aufgrund Ihrer Schilderung ist zu vermuten, dass Sie an einer Durchblutungsstörung der Becken- und Beinarterien leiden. Verantwortlich dafür sind Ablagerungen aus Kalk, Fett und Eiweissen in den Gefässwänden. Dadurch werden die Arterien zunehmend verstopft. Diese sogenannte Arteriosklerose kann überall im Körper auftreten und Schmerzen verursachen. Treten diese wie bei Ihnen vorwiegend im Rückenbereich auf, werden sie manchmal als muskuläre Verspannung oder Rückenprobleme gedeutet. Zur Behandlung wird oft Physiotherapie verschrieben, die aber in diesem Fall üblicherweise keine Abhilfe schafft. Spätestens dann sollte auch eine Gefässkrankheit in Betracht gezogen und eine entsprechende Abklärung in die Wege geleitet werden. In der Fachsprache als periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) bezeichnet, ist im Volksmund von der Schaufensterkrankheit die Rede. Ein passender Vergleich, denn Betroffene schaffen es beim Gehen aufgrund der belastungsabhängigen Schmerzen nur von einem Schaufenster zum nächsten und müssen dort eine Ruhepause einlegen.

Weitere Symptome von PAVK sind unter anderem Hautveränderungen, trockene Haut an den Beinen, verstärkte Hornhautbildung an den Fusssohlen oder schlecht heilende kleine Wunden. Bei Männern können auch Erektionsstörungen auftreten. Grund: Die innere Beckenarterie versorgt sowohl die Gesässmuskulatur als auch die Geschlechtsorgane. Ist die Arterie verstopft, kann es in beiden Bereichen zu Problemen kommen.

Jede fünfte Person über 65 ist betroffen

Die Schaufensterkrankheit ist häufig. In der Schweiz ist etwa jede fünfte Person über 65 davon betroffen, wobei vor allem in Frühstadien nicht bei allen betroffenen Patienten Symptome auftreten. Das kann heimtückisch sein, denn Arteriosklerose kann auch zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Zu den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren gehören neben dem Geschlecht auch das Alter und die genetische Veranlagung. Beeinflussbar sind jedoch andere Risiken wie Rauchen, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte wie Cholesterin, Diabetes mellitus, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung oder belastender Stress. Wird dem Zentrum für Gefässmedizin eine Patientin oder ein Patient mit chronischen Rückenschmerzen überwiesen, klären wir die Ursache der Beschwerden mithilfe einer Blutdruckmessung der Beine und einer Ultraschalluntersuchung ab. Hinzu kommt oft eine Computertomografie der inneren Beckenarterien, da diese im Ultraschall nicht immer schlüssig zu beurteilen sind. Zeigt sich, dass die Beckenarterie verstopft ist, wird das Gefäss in einem minimal-invasiven Eingriff in der Hirslanden Klinik Aarau mithilfe eines mit Kontrastmitteln gefüllten Ballonkatheters erweitert («Ballönle»). Damit es sich nicht gleich wieder verschliesst, wird zudem meist ein Stent (Metallröhrchen) eingesetzt. Der Stent ist beschichtet, dadurch wird die Narbenbildung verhindert, was ebenfalls dazu führt, dass sich das Gefäss nicht wieder verschliesst.

Besserung von einem Tag auf den anderen

Der schmerzfreie und komplikationsarme Eingriff dauert rund eine Stunde. Er erfolgt meist unter einer örtlichen Betäubung, also ohne Vollnarkose, und der Patient kann die Klinik in der Regel am Folgetag wieder verlassen. Eine markante Besserung der Beschwerden tritt praktisch von einem Tag auf den andern ein. In Ihrem Fall dürfen Sie zuversichtlich davon ausgehen, dass die Rückenschmerzen beseitigt sind und dadurch die Lebensqualität wieder steigt. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass sich das Gefäss auf Dauer wieder verschliessen kann oder dass an einer anderen Stelle im Körper eine behandlungsbedürftige Enge auftritt. Sicher vermeiden lässt sich das nicht, aber es ist trotzdem ratsam, die beeinflussbaren Risikofaktoren zu minimieren, etwa durch viel Bewegung und gegebenenfalls durch konsequenten Verzicht aufs Rauchen.

3191892-prof-dr-med-nicolas-diehm
Prof. Dr. med. Nicolas Diehm
Facharzt für Angiologie und ärztlicher Direktor am Zentrum für Gefässmedizin und Belegarzt an der Hirslanden Klinik Aarau