Früherkennung von Prostatakrebs
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Prostatakrebs stellt die häufigste Krebsart beim Mann dar. Die Krebsliga Schweiz zählt jährlich über 7‘100 Neuerkrankungen. Prostatakrebs (Prostatakarzinom) wird häufig als typische Alterserkrankung bezeichnet, fast alle Patienten sind zum Zeitpunkt der Erkrankung über 50 Jahre alt und 47% sind älter als 70 Jahre.
Patienten mit einem diagnostizierten Prostatakarzinom finden sich häufig in schwierigen, unbekannten und belastenden Situationen wieder. Im Prostatakrebszentrum Klinik Hirslanden erhalten unsere Patienten eine individuelle Betreuung durch erfahrene Fachspezialisten.
Die Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Prostatakrebs muss von verschiedensten Spezialisten der Krebsmedizin koordiniert werden. Diese stammen aus unterschiedlichen Fachgebieten (z.B. Urologie, Radiologie, Pathologie, Onkologie, Strahlentherapie etc.) und weisen ein langjähriges Expertenwissen in der Behandlung von Prostatakrebs aus. Gemeinsam beraten die involvierten Spezialisten über die Therapieplanung des Patienten. Somit profitieren unsere Patienten von einem hohen Mass an kumuliertem Fach- und Erfahrungswissen.
Damit dieses Wissen an einen Tisch gebracht werden kann, finden im Rahmen des Prostatakrebszentrums regelmässige interdisziplinäre Tumorboards statt. In diesen Tumorboards treffen sich die Fachspezialisten und besprechen pro Patient die Behandlungsplanung der Erkrankung sowie den zu erwartenden Erfolg. Das Prostatakrebszentrum ist Teil des Tumorzentrums Hirslanden Zürich.
Zur Diagnostik und Therapie von Prostatakrebs stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung, die individuell nach den Bedürfnissen des Patienten geplant werden. Im Fokus der Nachsorge stehen hauptsächlich regelmässige Kontrollen.
Die Prostata ist eine Drüse, welche unterhalb der Blase die erste Wegstrecke der Harnröhre umschliesst. Die Prostata gehört zu den inneren Geschlechtsorganen des Mannes. Sie produziert einen wesentlichen Teil der ernährenden Flüssigkeit für die Samen. Diese werden bei einem Samenerguss (Ejakulation) von den Hoden über die Samenleiter transportiert, welche in die Prostata münden. Die Drüse hat eine kugelige Form und ist im Normalfall so gross wie eine Kastanie. Ihre Entwicklung und auch ihre Funktion wird wesentlich durch das männliche Hormon gesteuert, welches in spezialisierten Hodenzellen produziert wird.
Prostatakrebs entsteht, wenn sich über Zellteilung bösartige Zellen entwickeln, die sich unkontrolliert vermehren und zu einem Knoten führen. Unter Umständen kann der Knoten mit dem Finger über den After (Rektaluntersuchung) ertastet werden.
Der Prostatakrebs verursacht im Frühstadium keine speziellen Symptome oder Beschwerden. Selten treten Rückenschmerzen als erstes Symptom aufgrund von Metastasen in der Wirbelsäule auf.
Prostatakrebs ist das häufigste bösartige Tumorleiden des Mannes. Die Häufigkeit steigt mit dem Alter markant an. Es gibt Familien, in welchen der Prostatakrebs gehäuft vorkommt, teils auch schon bei eher jüngeren Männern unter 50 Jahren. Jeder zehnte Mann erkrankt in seinem Leben an Prostatakrebs, jeder 30. Erkrankte stirbt daran.
Die Ursachen sind bis heute unbekannt. Die wichtigsten Risikofaktoren für diese Krebserkrankung sind:
Ein Ansatz in der Prävention von Prostatakrebs ist, die Krankheit möglichst früh zu erkennen, damit sie noch geheilt werden kann. Dazu gehört die Bestimmung des prostata-spezifischen Antigens (PSA). Das PSA ist ein Eiweiss, welches von Prostatazellen und somit auch von Prostatakrebszellen produziert wird und im Blut in Erscheinung tritt. Jeder Mann hat etwas PSA im Blut, welches man mit einem Labortest nachweisen kann. Steigt der PSA-Gehalt an, besteht je nach Ausmass dieses Anstiegs ein mehr oder weniger starker Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatakrebses. Bei begründetem Verdacht hilft auch die Ultraschalluntersuchung weiter. Verdächtige Befunde müssen dann mit feinen Nadeln punktiert werden, um das Vorliegen eines Krebses zu beweisen.
Eine Vorsorgeuntersuchung ist alle 1-2 Jahre sinnvoll, um eine bösartige Erkrankung der Prostata frühzeitig erkennen und erfolgreich behandeln zu können. Diese Untersuchung kann auch der Allgemeinarzt durchführen. Sie besteht aus einer rektalen Tastuntersuchung der Prostata und der Messung des PSA-Wertes im Blut.
Wer profitiert von einer Vorsorgeuntersuchung?
Die Krebsliga der Schweiz informiert in ihrer Broschüre ausführlich über die Früherkennung von Prostatakrebs:
Ein früh erkanntes Prostatakarzinom hat die besten Heilungschancen, dementsprechend ist eine präzise Diagnostik eine wesentliche Voraussetzung für die Beurteilung der möglichen Therapieoptionen.
Durch regelmässige Vorsorgeuntersuchungen wird das Prostatakarzinom in der Regel in einem frühen Stadium entdeckt. Da der Prostatakrebs im Frühstadium keine Beschwerden macht, ist die Vorsorgeuntersuchung von grosser Bedeutung. Hat ein Familienmitglied (z.B. Vater, Bruder) ein Prostatakarzinom, so besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, ebenfalls an einem Prostatakarzinom zu erkranken. Bei dieser Risikokonstellation ist eine Vorsorgeuntersuchung besonders wichtig und wird bereits ab 40 Jahren nahegelegt. Ohne familiäres Risiko wird die Vorsorgeuntersuchung ab dem 45.Lebensjahr empfohlen und umfasst eine Tastuntersuchung der Prostata, einen Bluttest (prostata-spezifisches Antigen, PSA) und eine Ultraschalluntersuchung. Mit der Tastuntersuchung können derbe Knotenbildungen an der Prostata festgestellt werden. Ein erhöhter PSA-Wert kann einen Hinweis auf ein Prostatakarzinom geben, jedoch können auch andere Einflüsse wie die gutartige Prostatavergrösserung oder entzündliche Veränderungen der Blase und Prostata zu erhöhten Werten führen. Ein PSA-Wert über 3.0 ng/ml bedarf der Kontrolle.
Falls die erwähnten Untersuchungen Hinweise für ein mögliches Karzinom ergeben, sind weitere Abklärungen angezeigt; in erster Linie die multiparametrische MRI-Untersuchung der Prostata und eventuell eine Gewebsentnahme (Biopsie).
Unsere langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass bei einem Prostatakarzinomverdacht als erste Massnahme eine MRI-Bildgebung der Prostata vorgenommen werden soll, bevor eine Biopsie erfolgt. Bei einer Bildgebung ohne pathologische Herdbefunde (30-50%), kann meistens auf eine Biopsie verzichtet werden. Im Gegensatz zu den früher angewandten Mehrfachbiopsien, handelt es sich nun um gezielte Biopsien, welche trotz geringerer Anzahl eine höhere Treffsicherheit aufweisen. Die Biopsie-Entnahme kann in Kurznarkose oder Lokalanästhesie durch den Mastdarm (transrektal) oder den Damm (perineal) erfolgen.
Hat sich das Vorliegen von Krebszellen in der Prostata bestätigt (Pathologie), werden die Tumorzellen nach ihrer Aggressivität charakterisiert (Gleason score). Das MRI der Prostata zeigt die Gesamtarchitektur der Drüse mit der jeweiligen Tumorlage und Hinweisen auf eine Ausbreitung über die Prostatakapsel.
Weiter gibt die Untersuchung auch Auskunft über mögliche Tumorableger in den Lymphknoten oder Veränderungen im Sinne von Ablegern im Beckenskelett. Bei Bedarf kann auch eine weitere Untersuchung, die Skelett-Szintigraphie, vorgenommen werden, um festzustellen, ob Krebsherde in den Knochen vorhanden sind.
Die Wahl der geeigneten Therapie ist abhängig vom Stadium der Erkrankung, vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten, sowie vom Patientenwunsch. Die Palette der heute zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten ist sehr gross und für die Patienten deshalb auch schwierig zu überblicken. Die interdisziplinäre Abstützung einer Therapieempfehlung durch das Tumorboard gibt dem Patienten die notwendige Sicherheit. Der Prozess der Therapieentscheidung bedarf eingehender individueller Gespräche mit dem Patienten und seinen Angehörigen.
Die aktive Überwachung (engl. Active Surveillance, AS) ist eine Behandlungsstrategie, welche bei auf die Prostata beschränkten, klein-volumigen und schwach aggressiven Karzinomen in Frage kommt.
Es folgt also zunächst keine eingreifende Therapie, sondern lediglich regelmässige ärztliche Kontrollen, sowie alle 6 Monate die Bestimmung des PSA-Wertes. Im weiteren Verlauf wird wiederum eine MRI-Untersuchung oder Biopsie der Prostata notwendig. Sobald eine Zunahme der Aggressivität oder des Volumens des Tumors ersichtlich wird, kann dem Patienten eine entsprechende Therapie empfohlen werden (radikale, DaVinci-unterstützte Prostatektomie / Radiotherapie der Prostata / HIFU).
Mit aktiver Überwachung hat der Patient keine therapiebedingten Nebenwirkungen, dafür aber ein leicht erhöhtes Risiko eines höheren Tumorstadiums in Folge verzögerter Therapieeinleitung; dies insbesondere bei jüngeren Patienten. Die AS bedingt eine engmaschige Anbindung ans Prostatakrebszentrum mit den entsprechenden Kontrollen und Untersuchungen. Die damit verbundene Unsicherheit kann den Patienten psychisch belasten.
Das Ziel der operativen Entfernung der Prostata ist die vollständige Heilung (kurative Therapie).
Die radikale Prostatektomie wird als laparoskopische (minimal-invasiv, Bauchspiegelung), roboterassistierte Operation mit der DaVinci-Technologie durchgeführt. Dabei handelt es sich um das weltweit modernste laparoskopische Operations-System, welches dem operierenden Urologen ein dreidimensionales Bild und eine bis 12-fache Vergrösserung ermöglicht. Der Blutverlust wird im Gegensatz zu der offenen Operation auf ein Mehrfaches gesenkt. Die Schonung des Schliessmuskels (Kontinenz) sowie die Erhaltung der Nervenfasern (Potenz) sind zentral bei der Operation mittels DaVinci-Technologie.
Um während der Operation feststellen zu können, ob der Tumor die Prostatakapsel mikroskopisch durchdringt, werden standardmässig Schnellschnittuntersuchungen durchgeführt. Diese geben Auskunft, ob die an der Prostata anliegenden Nerven vollständig geschont werden können oder aber teilweise ggf. auch vollständig entfernt werden müssen. Mit der Entfernung der Prostata werden in der Regel auch die angrenzenden Lymphknoten sicherheitshalber entfernt.
Im Gegensatz zu den anderen Therapien, liegt nach dem operativen Verfahren eine genaue Beurteilung vor, welche das Ausmass der Krebserkrankung an der Prostata sowie an den Lymphknoten beschreibt (pathologischer Befund).
Die Strahlentherapie hat zum Ziel, die Tumorzellen durch Strahlen so zu schädigen, dass sie absterben; gleichzeitig muss das umliegende gesunde Gewebe so gut wie möglich geschont werden. Wie bei der Operation, handelt es sich hierbei um eine Behandlung in kurativer Absicht (Heilung). Eine Strahlentherapie erfolgt ambulant, in der Regel mit 36 Strahlensitzungen.
Bei der fokalen Therapie (hoch intensiver fokussierter Ultraschall, HIFU) wird lediglich der krebsbefallene Teil der Prostata behandelt, mit dem Ziel, therapiebedingte Nebenwirkungen zu mindern. Durch die fokussierte Ultraschallenergie, wird das Prostatagewebe am Zielort durch Hitze zerstört. Allerdings liegen die Prostatakrebszellen in über 80% der Fälle multifokal vor, das heisst über weite Stellen der Prostata verteilt. Entsprechend kommen für diese Therapieform nur Patienten in Frage, welche einen nachweislich begrenzten Tumor innerhalb der Prostata aufweisen. Da die Sicherheit der Behandlung bezüglich Tumorkontrolle weniger hoch ist als bei den Standardverfahren wie der operativen Prostataentfernung und der Strahlentherapie, kommen für eine fokale Therapie ausschliesslich niedergradige Tumore ohne hohe Aggressivität (low-risk und intermediate-risk) in Frage. Zudem fehlen noch Langzeitdaten; entsprechend wird diese Therapieform im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. Mark Emberton vom University College London Hospitals untersucht.
Haben die Prostatakrebszellen die Prostata verlassen und bereits Ableger in Lymphknoten oder Knochen gebildet, sind die obenerwähnten Therapien nicht angezeigt. In dieser Situation werden den Patienten sogenannte systemische Therapien empfohlen, welche eine Wirkung am ganzen Körper – und nicht lediglich an der Prostata – erzielen.
Antihormontherapien (Blockierung des männlichen Hormones) kommen in der Regel primär zum Einsatz, da sie eine ausgezeichnete und oft jahrelang anhaltende Rückbildungswirkung auf die Tumorerkrankung haben.
Wenn sich die Krebszellen der Manipulation der Antihormontherapie entziehen, spricht man von einer Hormonresistenz. Dann ist der Zeitpunkt für eine Therapieerweiterung auf eine neue Medikamentengruppe absehbar (Chemotherapie, hormonmodulierende Therapie).
Als weitere Möglichkeit haben Chemotherapeutika in den letzten Jahren vermehrt ein gutes Ansprechen auf die Tumorentwicklung gezeigt. Bei der Vielfalt der heute anwendbaren Mittel, ist dann der/die medizinische Onkologe/-in die fachspezifischen Ansprechpartner.
Bei schmerzhaften Knochenmetastasen können neben den klassischen Schmerzmitteln auch gezielte Bestrahlungen eine rasch einsetzende Linderung bringen.
Leider kann der Prostatakrebs auch nach vorerst erfolgreicher Behandlung (radikale Prostatektomie / perkutane Radiotherapie) wieder auftreten. Dabei spricht man von einem Rezidiv. Dieses kann in der Prostata selbst auftreten (nach Bestrahlung) oder in dem Bereich, in dem die Prostata vor der Operation gelegen hat (sog. Prostataloge). Ein Rezidiv kann auch ausserhalb der Prostataregion in den Lymphknoten oder Knochen auftreten. Erstes Zeichen hierfür ist der diesbezüglich sehr sensitive PSA-Wert, welcher wiederholt ansteigt. In diesen Situationen kann mittels MRI und einer Nuklearmedizinischen Spezialuntersuchung (PSMA PET/CT) ein allfälliger Tumorherd ausfindig gemacht werden und eine gezielte Radiotherapie angeschlossen werden.
Nach abgeschlossener Therapie des Prostatakrebses können mittels regelmässigen Nachuntersuchungen einerseits Nebenwirkungen oder Spätfolgen der Therapie behandelt werden. Andererseits kann ein mögliches Wiederauftreten des Tumors (Rezidiv) frühzeitig erkannt werden. Hierzu wird die PSA-Konzentration im Blut gemessen, denn steigt der PSA-Wert über eine längere Zeitperiode an, kann dies auf ein erneutes Krebswachstum oder Metastasen hindeuten.
In den ersten beiden Jahren nach Therapieabschluss empfehlen Fachgesellschaften, alle drei Monate den PSA-Wert zu messen. Für das dritte und vierte Jahr wird eine halbjährliche Messung empfohlen und ab dem fünften Jahr die jährliche PSA-Untersuchung.