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Verletzungen am oberen Sprunggelenk gehören zu den häufigsten Sportverletzungen, davon betrifft der Grossteil den seitlichen Bandapparat. Auch im Laufsport sind solche Verletzungen neben Beschwerden an der Achillessehne und am Knie sehr typisch. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick, welche Sofortmassnahmen bei einem Bänderriss oder einer Bänderzerrung wichtig sind und welche Behandlungsschritte und Prävention ich empfehle.

Sprunggelenk Schmerzen - schwarz wei mit rotem Schmerzpunkt

Bänderrisse und Bänderzerrungen passieren am häufigsten durch Umknicken. Oft geschieht dies auch, weil der Patient vor dem Unfall schon an einer gewissen Bandlaxität, gelitten hat, also eine Instabilität aufgrund überbeweglicher Gelenke mit lockeren Bändern. Bei einer solchen Bandlaxität ist Vorbeugen durch Kräftigungsübungen der Muskeln zur Stabilisation des Sprunggelenks noch wichtiger (vgl. weiter unten).

Sofortmassnahmen nach PECH-Schema

Bei einem Umknickunfall mit einer Verletzung am oberen Sprunggelenk entstehen in der Regel Schmerzen, eine Schwellung, ein Bluterguss und eventuell ein Funktionsverlust. Passiert dies, soll möglichst sofort anhand des sogenannten PECH-Schemas behandelt werden (bereits vor dem Hausarztbesuch):

PPausesofort mit der Belastung aufhören
EEiskühlen, damit es nicht zu stark anschwillt
CCompressionanlegen einer elastischen Binde, ebenfalls gegen die Schwellung und zur Stabilisation
HHochlagernerleichtert den Rückfluss des Blutes und der Schwellflüssigkeit

Zum Arzt soll man nach so einem Unfall auf jeden Fall, es sei denn, es handelt sich nur um ein leichtes Übertreten mit Schmerzen, die sich schnell wieder beruhigen ohne wesentliche Schwellung. Sind aber starke Schmerzen vorhanden, mit Schwellung und Bluterguss, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden, der mittels Röntgenbild einen Bruch ausschliessen kann. Ein Knöchelbruch hat eine ganz andere Therapie zur Folge. Ist ein Bruch ausgeschlossen, lässt sich zu Beginn nur schwer feststellen, ob die Bänder gezerrt, angerissen oder ganz gerissen sind. Dies spielt im ersten Moment aber kaum eine Rolle, weil ich überall die gleiche konservative Therapie empfehle. Selbst wenn es sich um eine Verstauchung handelt, wird diese sogleich mitbehandelt.

Behandlungsphase 1: Ruhigstellen mit Schiene

Um die weitere Behandlung nach den Sofortmassnahmen zu verstehen, muss man sich die Bänder vorstellen. Diese müssen ja wieder verheilen, also eine Narbe bilden. Wenn die Bänder nur angerissen oder überdehnt sind, wird dies meist problemlos gehen. Bei einem richtigen Riss wird es schon schwieriger, weil die Enden der Bänder dann wie bei einem Besen ausgefranst oder ganz durchtrennt sind. In allen Fällen gilt aber: Wenn man den Bandapparat für eine gewisse Zeit ruhigstellt, kann er wieder in einer funktionell guten Länge vernarben und stabil werden. Wenn man aber in der Phase der Narbenbildung schon wieder zu stark belastet, wird es im besten Fall eine Narbe geben, die nicht so stark ist (also wieder verletzungsanfällig ist) oder auch funktionell zu locker ausfällt. Folgende Einstellung kann bei einem Bänderriss gefährlich sein: „Ah, es nicht ja nicht so schlimm, weil nichts gebrochen ist, etwas Salbe und eine elastische Binde für ein paar Tage, zwei Wochen schonen, bis Schmerz und Schwellung vorbei sind. Beim Training kommt das schon wieder gut.“ Solche Patienten stehen dann nach ein paar Monaten bei mir in der Praxis, weil sie inzwischen zwar normal gehen können, Sport aber rasch zu Schmerzen führt. Sport nach zwei bis drei Wochen nach richtiger Verletzung der Bänder ist definitiv zu früh, weil sich in dieser Zeit keine stabilen Narben bilden können. Ich empfehle deshalb, bei einer richtigen Bänderzerrung oder einem Bänderriss folgende konservative Behandlung: Das Sprunggelenk mit einer sogenannten Aircast Schiene vier bis sechs Wochen ruhigstellen. Eine solche Schiene stützt innen und aussen mit einem Plastik. Man kann sie bequem in einem Turnschuh tragen und damit normal gehen. Es werden jedoch die seitlichen Bewegungen vermieden, sodass die Bänder in dieser Ruhigstellung eine Narbe bilden können. Diese sechs Wochen braucht es für eine problemlose Vernarbung, in wenigen Fällen reichen auch schon vier Wochen.

Behandlungsphase 2: Bandage statt Schiene und Muskelaufbau

Als nächsten Schritt tauscht man die Schiene gegen eine sogenannte Malleo-Sprint-Bandage oder Ähnliches. Über sechs Wochen sollte die Bandage tagsüber konsequent getragen werden. Diese Schnürbandage stabilisiert zwar, aber nicht mehr so stark, sodass im Gegensatz zur Plastikschiene nun die Muskeln trainiert werden. Diese wurden ja während der letzten vier bis sechs Wochen aufgrund der Ruhigstellung nicht gebraucht; zudem waren sie eventuell vor dem Unfall schon ungenügend ausgeprägt. Also muss man sie wieder trainieren, durch Alltagsbewegungen mit der Bandage, die immer noch einen gewissen Schutz durch Stabilisation bietet, und durch sogenanntes propriozeptives Training ohne Bandage: Übungen auf instabilen Untergründen wie Matten oder Wackelbrett, koordinierte Seitwärtsbewegungen etc. Ich empfehle niemandem, die Plastikschiene länger als sechs Wochen, also nur in der ersten Behandlungsphase, zu tragen, weil sie den Fuss entmündigt, indem gewisse Muskeln nicht arbeiten müssen. Eine gute Schnürbandage sitzt bequem, stabilisiert und fördert zugleich die muskuläre Stabilisation. Dabei gibt sie so viel Bewegungsfreiheit, dass selbst Spitzensportler sie im Einsatz tragen (z. B. Tennisspieler Andy Murray). Für die Kräftigungsübungen empfehle ich eine kurze physiotherapeutische Instruktion. Die Stabilisierungsübungen sollen zuhause möglichst täglich auch längerfristig (wie bei normalem Krafttraining) durchgeführt werden. Auf einem sogenannten Fusskreisel, einem Kippbrett oder einer weichen Matte sollen die Gleichgewichtsübungen während des Zähneputzens morgens und abends absolviert werden. Drei bis vier Minuten zweimal täglich können schon reichen. Nach erneuten sechs Wochen kann die Bandage tagsüber weggelassen werden. Im Folgenden empfehle ich die Bandage bei Sport und bei Arbeiten in unebenem Gelände weiterhin zu tragen. Sie stellt eine gute Prophylaxe vor erneuten Sprunggelenksverletzungen dar. Mit sportlichen Aktivitäten würde ich bei gutem Verlauf nach Bandverletzungen wie folgt beginnen:

  • Velofahren, Gehen auf ebener Unterlage (Strassen, Kieswege), Walking ab 4.-5. Woche nach Unfall, also mit Stabilschiene
  • Gezielte Kräftigung, Stabilisation, Jogging auf Laufband, evtl. Strasse ab 7.-8. Woche
  • Waldläufe, unebenes Gelände erst nach Stabilisation, nach ca. 12 Wochen
  • Stop-and-go-Bewegungen (Tennis, Squash, Schnellläufe) und Mannschaftssportarten (Fussball, Handball, Volleyball, Basketball etc.) erst nach ca. 16 Wochen

Weitere Abklärungen und eventuell Operation

Oft erfolgt eine Überweisung vom Hausarzt zum Spezialisten, wenn Behandlungsphasen 1 und 2 versagen, also wenn der Patient trotz des empfohlenen Behandlungsschemas noch Schmerzen hat oder immer wieder umknickt. Oft wurde das obige Stufenschema nur teilweise durchgeführt oder gar nicht beachtet. Dann geht es darum, mit einer fachärztlichen Untersuchung und  eventuellen Zusatzuntersuchungen wie MRI abzuklären, ob es Begleitverletzungen gibt, die man im normalen Röntgen nicht unbedingt sieht, und was an Bändern überhaupt noch da ist. Mit dem Patienten muss dann besprochen werden, ob weiter konservativ behandelt werden kann oder ob eine Operation mit einer Bandrekonstruktion oder eine Spiegelung des oberen Sprunggelenkes Sinn macht. Obwohl heute viel weniger Bänder operiert werden als früher, haben sich die Möglichkeiten an Bandrekonstruktionen massiv verbessert (Mehr dazu finden Sie im Blogbeitrag "Zerrung oder Bänderriss am Sprunggelenk – was tun, wenn die Verletzung nicht heilt?"). In den meisten Fällen (80-90%) von Bänderzerrungen und Bänderrissen hilft aber eine konsequente konservative Behandlung.

Prävention: An den Fuss denken

Zur Prävention, um Bänderzerrung und Bänderrisse zu vermeiden, gehören sicher: Aufwärmen, vernünftige Trainingseinheiten (also nicht nur hochpulsig herumrennen) und sich Gedanken über den passenden Schuh zu machen. Das wichtigste Präventionsmittel ist aber das Muskeltraining zur Stabilisation. Die Bänder selbst kann man nicht trainieren, aber die Muskeln um das Sprunggelenk herum. Die beiden Peronealmuskeln auf der Aussenseite und der Tibialis posterior Muskel auf der Innenseite des Sprunggelenkes bilden eine Art „Steigbügelfixation“ um das Sprunggelenk und den Rückfuss. Damit diese Muskeln die Stabilisation übernehmen, kann man präventiv mit oben erwähntem propriozeptivem Training trainieren. Wenn ein solches Training nicht reicht, gibt es noch die Variante, mit oben beschriebener Bandage oder Taping zu trainieren. Generell soll man bei Sportarten, bei denen der Fuss belastet wird, einfach auch an den Fuss denken. Das klingt ganz banal. Aber ich kenne diverse Spitzensportler, die alles andere trainieren und vergessen, die Sprunggelenke zu stabilisieren. Trotzdem oder gerade deshalb haben solche Sportarten einen hohen Anteil an Sprunggelenksverletzungen, so auch beim Laufsport. Schmerzen durch Überlastung und wiederholte Unfälle sind weder gesund noch spassig! Ich empfehle daher jedem Sportler einer fussbelastenden Sportart, präventiv propriozeptive Stabilisierungsübungen möglichst täglich zuhause wie oben beschrieben zu machen. Befriedigung im Sport wird nicht nur durch eine möglichst schnelle Laufzeit, sondern auch durch eine möglichst kurze Erholungszeit danach ohne Folgeschäden und Verletzungen erreicht. So werden Sie viel lieber Ihren nächsten Marathonlauf in Angriff nehmen, sich gezielt vorbereiten und den Lauf erfolgreich absolvieren! Viel Erfolg!