Patientenzeitschrift "Mittelpunkt"

Chronische Entzündungen der Nase und ihrer Nebenhöhlen sind ein häufiges Krankheitsbild und können bei starker Ausprägung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Das gilt erst recht, wenn von einer Entzündung gleichzeitig auch die unteren Atemwege betroffen sind. Dank Medikamenten und Fortschritten in der Operationstechnik lässt sich heute jedoch den meisten Betroffenen wirksam helfen.

Entzündliche Erkrankungen der oberen Atemwege können ganz unterschiedliche Ursachen und Symptome haben. Gemeinsam ist ihnen aber, dass eine Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis) immer auch zu einer Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) führt. Der Fachausdruck dafür ist Rhinosinusitis, wobei zwischen akuten und chronischen Formen unterschieden wird. Die akute Rhinosinusitis wird meistens durch eine virale Infektion (Erkältung) verursacht und heilt für gewöhnlich nach einigen Tagen von selbst aus. Behandelt werden in der Regel nur die Symptome, etwa mit Schmerzmitteln und abschwellenden Nasensprays. Antibiotika kommen ausschliesslich im seltenen Fall einer bakteriellen Zusatzinfektion zum Einsatz und auch nur dann, wenn die symptomatische Behandlung zuvor keine Wirkung zeigte.

Die chronische Rhinosinusitis

Dauert eine entzündliche Erkrankung der Nase und ihrer Nebenhöhlen länger als 12 Wochen an, spricht man von einer chronischen Rhinosinusitis. Sie hat in den meisten Fällen mehrere Ursachen, die in unterschiedlichen Kombinationen auftreten können. Sehr häufig liegt wohl eine genetisch bedingte Regulationsstörung der Entzündungsmechanismen vor, die durch äussere Faktoren zusätzlich aktiviert wird. Eine wichtige Rolle spielen ausserdem die anatomischen Gegebenheiten. So sind Menschen mit engen Abflusswegen der Nebenhöhlen anfälliger für eine chronische Rhinosinusitis. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von weiteren möglichen Ursachen, beispielsweise allergische Reaktionen auf Pilzsporen in der Nase oder Bakterien.

Je nach vorliegenden Ursachen können die Hauptsymptome einer chronischen Rhinosinusitis unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Dazu gehören eine behinderte Nasenatmung, eine vermehrte Absonderung von Nasensekret, eine Störung des Riechsinns sowie Druck- und Gesichtsschmerzen. Mitunter leiden Patienten daneben auch an Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Husten sowie an Hals-, Ohren- oder Zahnschmerzen. Bei vielen Patienten führt die entzündete Nasennebenhöhlenschleimhaut ausserdem zu gutartigen Schleimhautwucherungen, den sogenannten Polypen. Aus diesem Grund unterscheidet man im klinischen Alltag zwischen chronischer Rhinosinusitis mit oder ohne Polypen.

Therapie der chronischen Rhinosinusitis

Die Therapie einer chronischen Rhinosinusitis richtet sich nach ihrem Schweregrad und der Symptomatik des Patienten. Bei leichten Formen und nur sehr geringen Beschwerden kann auf eine spezifische Therapie häufig verzichtet werden. Stärker ausgeprägte Formen werden primär mit Medikamenten behandelt. Neben schleimhautpflegenden Mitteln wie Salzwasserspülungen stehen dabei topische Steroide im Vordergrund («Cortison-Nasensprays»). Führt diese Therapie zu keiner Besserung, kommt bisweilen auch eine Behandlung mit systemischen Steroiden («Cortison-Tabletten») oder mit Antibiotika zum Zug.

Können schwere Verläufe der chronischen Rhinosinusitis mit Medikamenten nicht ausreichend beeinflusst werden, muss eine operative Therapie in Betracht gezogen werden. Ihr voraus geht eine computertomographische Untersuchung zur genauen Bestimmung des Ausmasses der Erkrankung. Die Operation zielt darauf ab, mit einem mikrochirurgischen Eingriff – der endonasalen Ethmoidektomie – die Abflusswege der Nasennebenhöhlen zu eröffnen oder zu erweitern (vgl. Abb. 1). Damit wird erreicht, dass das aufgrund der Schleimhautschwellung gestaute Sekret abfliessen und das topische Steroid bis zur entzündlichen Nebenhöhlenschleimhaut vordringen kann. Dank dem Einsatz von modernster Technologie (Navigation, HD-Bildkamera, Endoskopie) im Operationssaal sind diese anspruchsvollen Eingriffe heute sicher, und es gelingt in den meisten Fällen, die Lebensqualität der Patienten nachhaltig zu verbessern. Häufig ist es allerdings notwendig, dass die begleitende Behandlung mit Medikamenten weitergeführt wird.

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Abb. 1
A: Rechte Nasenhaupthöhle bei chronischer Rhinosinusitis mit ausgeprägten Nasenpolypen
B: Die Nasenpolypen werden mit einem rotierenden Messer (Shaver) abgetrennt und gleichzeitig abgesaugt.
C: Rechte Nasenhaupthöhle nach erfolgreicher operativer Therapie (1 Nasenpolypen, 2 Mittlere Nasenmuschel, 3 Nasenscheidewand)

Obere und untere Atemwege als Einheit

Patienten mit einer ausgeprägten chronischen Rhinosinusitis leiden häufig auch an Erkrankungen der unteren Atemwege, insbesondere an Asthma bronchiale. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Bronchialschleimhaut und die Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums eine anatomische und funktionelle Einheit bilden. In der Fachliteratur hat man diesen Zusammenhang auf den Begriff der «United Airways» (vereinigte Atemwege) gebracht. Das bedeutet, dass sich die entzündlichen Prozesse der oberen Atemwege leicht auf die unteren Atemwege ausweiten können. Man nennt diesen Vorgang «Etagenwechsel». Eine wichtige Rolle spielen dabei Entzündungsmediatoren, die in der erkrankten Nasenschleimhaut produziert werden und über den Blutkreislauf in die Schleimhaut der unteren Atemwege gelangen. Liegt einer chronischen Rhinosinusitis ausserdem eine angeborene Regulationsstörung der Entzündungsmechanismen zugrunde, so erfasst diese auch die Schleimhaut der unteren Atemwege. Ein weiterer Zusammenhang zwischen Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege besteht schliesslich darin, dass die behinderte Nasenatmung bei Rhinosinusitis zu einer vermehrten Mundatmung führt, sodass die Atemluft ohne ausreichende Reinigung und Klimatisierung direkt der Lunge zugeführt wird.

Vor diesem Hintergrund ist die chronische Rhinosinusitis nicht als lokales Problem, sondern als Systemerkrankung zu behandeln. Das heisst, die Diagnostik und die Therapie müssen immer auf einer ganzheitlichen Betrachtung der Atemwegsschleimhaut beruhen. Auf diese Weise lässt sich eine Ausweitung der Entzündung auf die unteren Atemwege frühzeitig verhindern. Liegt umgekehrt ein Asthma bronchiale bereits vor, führt eine konsequente Therapie der chronischen Rhinosinusitis in vielen Fällen auch zu einer Besserung des Asthmas.

Ärzte 2

Facharzt für: Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten
speziell: Hals- und Gesichtschirurgie
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