Der diabetische Fuss - vorbeugen, erkennen, behandeln
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Vorbeugen ist besser als heilen. Dies trifft in besonderem Mass auf den diabetischen Fuss zu, eine bekannte und gefürchtete Folge von Diabetes. Vorsorge wie auch Behandlung erfolgen in enger Teamarbeit mit verschiedensten Spezialisten und dem Patienten.
Unter dem Begriff «diabetischer Fuss» versteht man Veränderungen an den Füssen von Patienten mit Diabetes mellitus. Dies können Hautveränderungen, Druckstellen, offene Wunden oder eine Fehlstellung der Fussknochen sein.
Die Ursachen, die zum diabetischen Fuss führen, sind gut bekannt: Eine unbefriedigende Stoffwechsellage kann einerseits eine Schädigung der Nerven mit Verlust der Sensibilität für Schmerz, Lage und Temperatur zur Folge haben. Dazu kommt häufig eine trockene, leicht verletzliche Haut durch eine verminderte Schweissdrüsenfunktion. Viele Diabetiker kennen das Problem der vermehrten Hornhautbildung, der schmerzlosen Druckstellen und Risse (Abb. 1). Anderseits führt eine beschleunigte Arterienverkalkung zu verminderter Durchblutung des Fusses und der Fusshaut (Abb. 2) – begünstigt durch Blutzuckerwerte, die über längere Zeit erhöht sind, und andere Risikofaktoren.
Das Risiko für die Entwicklung eines diabetischen Fusses kann durch frühzeitige Information sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Betroffenen und dem behandelnden Arzt deutlich verringert werden. Eine gute Blutzuckereinstellung beugt der Entwicklung einer Nervenstörung, genannt Neuropathie, vor und sie schützt auch die Gefässe. Für diese ist zudem eine optimale Einstellung sowohl der Blutfette als auch des Blutdrucks wichtig. Patienten mit Zuckerkrankheit sollten ihre Füsse regelmässig, mindestens 1 Mal jährlich, dem Arzt zeigen, damit kleine Veränderungen und Warnzeichen rechtzeitig entdeckt werden.
Die Neuropathie kann frühzeitig durch Messung des Vibrationsempfindens mit einer Stimmgabel (Abb. 3) erkannt werden. Der Arzt beurteilt die Fussform und erfragt die typischen Symptome, wie Kribbeln und/oder Ameisenlaufen, nächtliche Schmerzen und Taubheitsgefühl. Zur Verbesserung der Lebensqualität ist hier häufig eine medikamentöse Therapie notwendig.
Eine schlechte Fussdurchblutung ist für den erfahrenen Untersucher nicht selten schon auf den ersten Blick zu erkennen (Abb. 2). Er wird zudem die Fusspulse tasten und den Blutdruck am Knöchel messen (Abb. 4). Bei vermuteter Minderdurchblutung erfolgt eine Abklärung durch einen Gefässspezialisten.
Alle Diabetiker haben die Chance, diesen Folgen der Zuckerkrankheit vorzubeugen. Sie können selbst einen wesentlichen Anteil dazu beitragen: Eine gute Diabetestherapie von Anfang an und die Motivation zu richtiger Fusspflege sind das «A und O». Das notwendige Wissen wird beispielsweise im Rahmen einer Diabetesschulung angeboten. Gut informierte Patienten werden bei nicht heilenden Verletzungen, insbesondere bei bekannter Mangeldurchblutung, schnell Hilfe suchen.
Aber reichen gute Fusspflege und Schulung allein aus? Als Ergänzung ist sicherlich eine regelmässige ärztliche Beurteilung der Füsse und des Schuhwerks und in vielen Fällen auch die Verordnung von diabetesgerechten Einlagen sinnvoll. Die Empfehlung einer podologischen Behandlung und ein kritischer Blick bei der Auswahl der Schuhe, ohne modische Brille, sind vielfach sinnvoll.
Wenn dennoch Verletzungen oder nicht mehr heilende Wunden entstanden sind, müssen diese mit den zugrunde liegenden Ursachen für eine optimale Therapie genau erfasst sein. Dies geht oft nur im Dialog mit mehreren Spezialisten, wie beispielsweise Kardiologen, Gefässchirurgen, Angiologen, Radiologen, Orthopäden, und erfolgt immer unter Einbezug des Hausarztes. Ebenso interdisziplinär ist dann die Therapie mit dem obersten Ziel, den ganzen Fuss zu erhalten und eine möglichst rasche Abheilung zu erreichen.
Jede Wunde wird zuerst gesäubert, verbunden und vom Druck entlastet. Hierbei zeigt ein Röntgenbild oder ein MRI oft die Beteiligung der Knochen und entscheiden über die Art und Dauer der Entlastung. Eine konsequente Antibiotikatherapie bei Infektionen und eine gute Blutzuckereinstellung fördern die Heilung. Bei schlechter Durchblutung können die verschlossenen Gefässe durch Aufdehnen eröffnet oder durch eine Bypass-Operation umgangen werden. In einzelnen Fällen ist es notwendig, Knochen operativ zu korrigieren oder sogar zu entfernen. Dies erfolgt so sparsam wie möglich, um die Funktion des Fusses, so gut es geht, zu erhalten.
Bei sehr ausgedehnten oder infizierten Wunden erfolgt die Therapie stationär; kleine Wunden oder solche mit guter Heilungstendenz, können dagegen in der Fuss-Sprechstunde ambulant behandelt werden. Die Ärzte arbeiten in diesem Fall eng mit speziell ausgebildeten Diabetes-Wundassistentinnen und gegebenenfalls der Spitex zusammen. Ebenfalls unverzichtbar ist die Zusammenarbeit mit dem Orthopädie-Schuhmacher und der Podologin – bei der Behandlung der aktuellen Wunde ist die Perspektive stets schon auf die Vorbeugung neuer Verletzungen gerichtet.
Je enger und institutionalisierter die Zusammenarbeit aller beteiligten Fachdisziplinen bei der Therapie des diabetischen Fusses ist, desto besser ist das Ergebnis für den Patienten. Der wichtigste Partner für den langfristigen therapeutischen Erfolg ist aber der Diabetiker selbst: Durch fundiertes Wissen um seine Erkrankung und mögliche Folgen für die Füsse vermindert er sein Verletzungsrisiko und erkennt frühzeitig neue Veränderungen.