Computertomografie ohne hohe Strahlenbelastung
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Der High-end-Computertomograf der neuesten Generation benötigt durchschnittlich nur noch die halbe Strahlendosis im Vergleich zu den Vorgängermodellen. Aber nicht nur das: Er kommt auch mit deutlich weniger Kontrastmitteln aus und erstellt mit höherer Geschwindigkeit präzisere Bilder. Damit ermöglicht er eine Reihe von neuen Anwendungen, etwa in der Herz- und Leberbildgebung.
Die Computertomografie (CT) ist eine computergestützte Röntgenuntersuchung, mit der zweidimensionale Schnittbilder und je nach Fragestellung auch dreidimensionale Darstellungen von Knochen, Organen und Gefässen erstellt werden. Trotz stetiger Fortschritte in der Magnetresonanztomografie (MRT oder MRI), einem weiteren Schnittbildverfahren, ist die Computertomografie in der bildgebenden Diagnostik nach wie vor unersetzbar. Das gilt insbesondere für die Tumordiagnostik, die Lungendiagnostik und die Feindiagnostik von Knochenkrankheiten. Dazu kommt, dass auch die Technik der Computertomografie laufend weiterentwickelt wird.
Zur neuesten Generation von High-End-Computertomografen gehört der «Somatom Force» von Siemens, der das Verfahren in allen Dimensionen nochmals erheblich verbessert hat: Er erzeugt die Aufnahmen schneller und in höherer Qualität als die Geräte der Vorgängergeneration und kommt dabei mit einer deutlich geringeren Dosis an Röntgenstrahlen und Kontrastmitteln aus. Diese Verbesserungen eröffnen der Computertomografie neue Anwendungsmöglichkeiten und erlauben eine CT-Diagnostik auch bei sensiblen Patientengruppen. In der Radiologie der Klinik Hirslanden ist das neue High-End-Gerät seit Oktober 2015 im Einsatz.
Der «Somatom Force» benötigt durchschnittlich nur noch die halbe Röntgendosis im Vergleich zu den CT-Geräten von vor wenigen Jahren. Warum ist dieser Fortschritt so bedeutend? Viele Ärzte unterschätzen, wie stark wiederholte CT-Untersuchungen das Gewebe schädigen können. In der Schweiz wird die jährliche Strahlenbelastung der Bevölkerung vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) engmaschig überwacht und publiziert. Sie beträgt im Durchschnitt etwas mehr als 5 Millisievert (mSv) pro Person. Rund 20 Prozent davon stammen aus der medizinischen Diagnostik. (Die übrigen Quellen sind vor allem Radon – mit grossen regionalen Unterschieden –, die terrestrische und kosmische Strahlung sowie radioaktive Stoffe in Lebensmitteln.) Die Strahlendosen aus der Medizin sind allerdings sehr ungleich verteilt: Gut zwei Drittel der Bevölkerung sind praktisch keiner medizinischen Strahlenbelastung ausgesetzt, während es bei einem kleinen Bevölkerungsteil mehr als 10 mSv pro Jahr sind.
Wie wichtig vor diesem Hintergrund eine Reduktion der Röntgendosis bei CT-Untersuchungen ist, wird deutlich, wenn man die Strahlenbelastung aus der medizinischen Diagnostik genauer betrachtet: Computertomografien machen mengenmässig zwar nur knapp 10 Prozent der Röntgenuntersuchungen aus, sind aber für rund 70 Prozent der dadurch verursachten Strahlenbelastung verantwortlich.
Dank der deutlich niedrigeren Strahlendosis, mit der das neue Gerät auskommt, können verschiedene CT-Untersuchungen in die klinische Routine aufgenommen werden. Dazu gehört etwa die Computertomografie zur Früherkennung von Lungenkrebs, bei der die Strahlendosis eines konventionellen Röntgenbildes ausreichend ist (low dose CT der Lunge, vgl. Abb. 1). Ein weiteres Beispiel ist die Computertomografie des Herzens. Sie lässt sich mit rund einem Zehntel der Strahlendosis bisheriger Spitzengeräte durchführen. Etwas Zweites kommt dazu: Der «Somatom Force» erstellt die Aufnahmen mit einer derart hohen Geschwindigkeit, dass er ein sich permanent bewegendes Organ wie das Herz ohne Bildstörungen (Bewegungsartefakte) darzustellen vermag (vgl. Abb. 2). Selbst bei Patienten mit schnellem Herzschlag oder Rhythmusstörungen kann in der Regel eine optimale Bildqualität erzielt werden. So gelingt etwa die CT-Darstellung des Herzens zur Abklärung der koronaren Herzkrankheit, der häufigsten Todesursache in der westlichen Welt, im Bruchteil einer Sekunde mit Strahlendosen von meist weniger als 1 mSv. Bei der Planung eines Aortenklappenersatzes mittels Katheter (TAVI) lassen sich die Aortenklappe, die Aorta und die Beckengefässe in weniger als zwei Sekunden darstellen – bei erheblich verbesserter Bildqualität und gleichzeitiger Reduktion der Strahlendosis und Kontrastmittelmenge auf ein absolutes Minimum.
Die Kombination von hoher Aufnahmegeschwindigkeit und niedriger Strahlendosis eröffnet auch bei der sogenannten 4D-Bildgebung neue Perspektiven. Dabei werden in kurzer zeitlicher Abfolge mehrere Aufnahmen eines Organs generiert. Auf diese Weise lassen sich neben der Darstellung der Gewebestruktur auch Informationen über die Funktion des Organs gewinnen. Dazu gehört zum Beispiel die Durchblutung (Perfusion) eines Lebertumors, die einen wichtigen Hinweis auf seine Vitalität gibt. Der Nachteil solcher Perfusionsdarstellungen war bisher, dass sie eine sehr hohe Strahlendosis erforderten. Mit dem «Somatom Force» lässt sich diese um ein Mehrfaches reduzieren. Damit wird es möglich, das Verfahren bei der Diagnostik und der Therapieplanung sowie zunehmend auch bei der Therapiekontrolle routinemässig einzusetzen.
Die Aussagekraft einer CT-Untersuchung lässt sich in vielen Fällen erheblich steigern, wenn dem Patienten vor der Untersuchung jodhaltiges Kontrastmittel intravenös verabreicht wird. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Diabetikern und Krebspatienten bedeutet dies jedoch eine zusätzliche Belastung für die Nieren. Aus diesem Grund war es bei solchen Patienten bisher häufig nicht möglich, eine ausreichende Bildqualität für eine sichere Diagnose zu erzielen. Mit dem «Somatom Force» lässt sich die Kontrastmittelmenge hingegen so weit reduzieren, dass auch diese sensiblen Patientengruppen schonend und präzise mittels CT untersucht werden können.