Die Wahl einer geeigneten Behandlung des Prostatakarzinoms (Prostatakrebs) knüpft an verschiedene Kriterien: Stadium der Erkrankung, Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Zudem werden die Wünsche des Patienten und seiner Angehörigen miteinbezogen und gemeinsam eine Behandlungsstrategie erarbeitet.
Die Abstützung der Behandlungsempfehlung durch das interdisziplinäre Tumorboard gibt dem Patienten zusätzlich die notwendige Sicherheit. Die Fachärztinnen und Fachärzte des Prostatakrebszentrums am Hirslanden Salem-Spital und an der Hirslanden Klinik Beau-Site begleiten ihre Patienten während dem gesamten Entscheidungsprozess persönlich und stellen reibungslose Abläufe sicher.
Nachfolgend werden die einzelnen Behandlungsmöglichkeiten kurz erläutert:
Aktive Überwachung (Active Surveillance)
Die aktive Überwachung ist eine Strategie, welche bei sogenannten indolenten Prostatakarzinomen mit sehr niedrigem Risiko einer weiteren Ausbreitung oder Metastasenbildung gewählt wird. Anstelle einer Behandlung wird also lediglich überwacht. Grundlage dieser Strategie bildet die Tatsache, dass die meisten solcher indolenten Karzinome bis ans Lebensende klinisch unrelevant bleiben, also keine Behandlung benötigen. Dadurch können mögliche Risiken oder Komplikationen einer Behandlung umgangen werden. Voraussetzung für die Wahl einer solchen Strategie ist aber die Einwilligung des Patienten zu engmaschigen Kontrollen mittels Blutentnahmen (PSA-Wert-Bestimmungen), wiederholten MRI-Untersuchungen und Verlaufsbiopsien an der Prostata. Eine damit verbundene Unsicherheit kann den Patienten psychisch belasten. Zeigt sich im Rahmen der Active Surveillance eine Veränderung des Tumors im Sinne der Grössenzunahme oder des histologischen Wachstumsmusters wird auf eine aktive Behandlung (Operation oder Bestrahlung) gewechselt.
Passive Überwachung (Watchful Waiting)
Die passive Überwachung oder auch «beobachtendes Abwarten» ist ein palliatives Konzept für symptomlose Patienten im fortgeschrittenen Alter oder mit schweren Begleiterkrankungen. Grundlage dieser Strategie bilden Untersuchungen welche aufzeigen, dass zwischen Erstdiagnose eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms und dem Tod des Patienten im Schnitt 10 bis 14 Jahre vergehen. Ziel ist es, die Tumoraktivität lediglich in Form von regelmässigen Blutentnahmen (PSA-Wert-Bestimmungen) zu überwachen. Somit können mögliche Risiken oder Komplikationen einer aktiven Behandlung meist umgangen und eine gute Lebensqualität gewährleistet werden.
Radikale Prostataentfernung (DaVinci Roboter-assistiert)
Die radikale Prostataentfernung (radikale Prostatektomie) wird laparoskopisch minimal-invasiv mit einem unserer zwei Robotersysteme (DaVinci) durchgeführt. Die vier beweglichen Roboterarme werden über kleine Schnitte in den Bauch eingeführt, wobei ein Arm der Führung einer 3D-HD-Kamera dient. Der Operateur bedient die vier Arme von seiner Konsole aus in Echtzeit mit speziellen Handschlaufen intuitiv und präzise, wodurch auch komplexe Bewegungen problemlos möglich sind.
Die Prostata wird zwischen Blasenhals und Harnröhrenstumpf oberhalb des Schliessmuskels abgetrennt und komplett entfernt. Die Harnblase wird mit dem Harnröhrenstumpf vernäht (Anastomose). Falls es die Tumorausbreitung zulässt werden die der Prostata anliegenden für die Erektion zuständigen Nerven geschont. Zusätzlich zur Prostataentfernung werden abhängig vom Tumorstadium auch die Beckenlymphknoten mitentfernt. Von strategischem Vorteil ist die Tatsache, dass das Gewebe nach dem Eingriff von einem Pathologen untersucht wird, wodurch sich das genaue Ausmass der Krebserkrankung feststellen lässt. Ziel dieser Behandlung ist es, den Patienten vom Tumorleiden zu heilen.
Perkutane Radiotherapie (Bestrahlung von aussen)
Bei der Strahlentherapie werden die Tumorzellen durch hochenergetische Röntgenstrahlen, welche möglichst präzise auf die Prostata gerichtet werden, so geschädigt, dass sie absterben. Gleichzeitig geht es darum, das umliegende gesunde Gewebe zu schonen. Manchmal werden deswegen Marker in die Prostata eingeführt, um die Lage der Prostata während der Behandlung besser monitorisieren zu können. Bei aggressiven Krebsarten wird zusätzlich zur Strahlentherapie eine Hormonbehandlung empfohlen. Die Daten in Bezug auf die Tumorfreiheit sind identisch mit denjenigen einer Operation. Ziel dieser Behandlung ist es, den Patienten vom Tumorleiden zu heilen. Die primäre Strahlentherapie erfolgt ambulant, in der Regel in Form von täglichen Sitzungen (ausser am Wochenende) über 6 bis 8 Wochen.
Brachytherapie (Bestrahlung von innen)
Bei der Brachytherapie werden radioaktive Teilchen, die sogenannten Seeds, über mehrere Nadeln in die Prostata eingebracht. Durch die radioaktive Strahlung sterben die Prostatazellen ab. Die Seeds verbleiben dauerhaft im Prostatagewebe. Die exakt vorausberechnete Strahlendosis vermindert das Risiko, dass Gewebe oder Organe um die Prostata herum in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Strahlung nimmt über einen Zeitraum von ungefähr einem Jahr stetig ab. Die Implantation der Seeds erfolgt unter kurzstationären Bedingungen in einer Rückenmarks- oder Vollnarkose. Ausgeschlossen von dieser Behandlungsmethode sind hoch-aggressive Prostatakarzinome, lokal fortgeschrittene Karzinome, stark vergrösserte Prostatadrüsen oder vorbestehende Probleme beim Wasserlösen. Der Erfolg dieser Behandlung ist demjenigen einer Bestrahlung von aussen ebenbürtig.
Neuere minimal-invasive Therapieverfahren
Neuere minimal-invasive Therapieverfahren zielen darauf ab, nur den tumorbefallenen Teil der Prostata zu behandeln. Man nennt sie deshalb Fokaltherapien. Bei der HIFU (hoch intensiver fokussierter Ultraschall) wird das Prostatagewebe durch punktförmiges Erhitzen zerstört. Beim NanoKnife/IRE-Verfahren (irreversible Elektroporation) wird das Prostatagewebe selektiv zerstört, indem ein elektrisches Feld zwischen in die Prostata eingebrachten Elektroden generiert wird. Zu beachten gilt, dass ein Prostatakarzinom in 80 Prozent der Fälle multifokal vorkommt, sich also nicht nur auf eine Prostataregion begrenzt. Hoch-aggressive Prostatakarzinome sind von einer solchen Behandlung ausgeschlossen. Der Patientenselektion kommt also eine zentrale Bedeutung zu. Langzeitdaten fehlen, weshalb diese Methoden als experimentell gelten und noch nicht als Standardbehandlung in die Leitlinien bekannter Fachgesellschaften aufgenommen wurden. Behandlungen mit diesen Methoden sollten deshalb nur im Rahmen von klinischen Studien erfolgen. Die Ärztinnen und Ärzte des Prostatakrebszentrums am Salem-Spital und an der Klinik Beau-Site bieten diese Verfahren zurzeit nicht an, können aber bei Interesse vermitteln.
Behandlung fortgeschrittener Tumorstadien
In manchen Fällen ist das Prostatakarzinom über die natürlichen Grenzen hinausgewachsen und / oder hat bereits Ableger gebildet. Sollten lediglich wenige lokale Beckenlymphknoten betroffen sein, so kann eine Operation oder Bestrahlung noch immer in Erwägung gezogen werden. In allen anderen Fällen ist eine komplette Heilung leider nicht mehr möglich. Das Prostatakarzinom kann aber mit Antihormonbehandlungen oder Chemotherapien oft jahrelang in Schach gehalten werden. Auf dem Gebiet der Antihormontherapien sind neue Substanzen auf den Markt gekommen, welche ein deutlich längeres Überleben zeigen und die Behandlung von Patienten mit einem metastasierten Prostatakarzinom revolutioniert haben.
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