Ein Neurologe kann ausführlichere Abklärungen vornehmen und gezielte Therapieoptionen empfehlen, um die Schmerzen zu lindern. Die Trigeminusneuralgie kann zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Alltags führen und die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Daher ist es wichtig, frühzeitig eine adäquate Behandlung zu erhalten, um mögliche negative Auswirkungen zu verhindern.
Beim Kauen habe ich (w, 55) immer wieder einmal einen extrem stechenden Schmerz im Kiefer. Die Zahnärztin fand keine Schmerzquelle. Woher könnten die Beschwerden sonst noch kommen?
«Schmerzen in einer Gesichtshälfte, die beim Essen, Zähneputzen oder auch nur durch Berührung entstehen, können von einer Trigeminusneuralgie herrühren. Dabei handelt es sich um einen äusserst schmerzhaften Reizzustand des fünften Hirnnervs, den Trigeminusnerv, der aus drei sensiblen Nervenästen besteht. Diese Nervenäste verlaufen in den Stirnbereich sowie in den Ober- und Unterkiefer und ermöglichen eine Reizempfindung im Gesicht. Die einseitigen Gesichtsschmerzen entstehen in 60 bis 90 Prozent der Fälle durch virale Infekte wie eine Gürtelrose oder als Folge einer Erkrankung. Hier können chronische Krankheiten des Nervensystems wie etwa Multiple Sklerose oder die Folgen eines Tumors oder Schlaganfalls für die Beschwerden verantwortlich sein. Aber auch eine Reizung der Wurzel des Trigeminusnervs durch ein pulsierendes Blutgefäss (Ader) im Bereich der «Root Entry Zone» am Hirnstamm kann Schmerzen verursachen. Zudem gibt es weitere Arten von Gesichtsschmerzen, die allerdings nicht durch den Trigeminusnerv ausgelöst werden. Ich würde Ihnen deshalb empfehlen, für eine vertiefte Abklärung einen Neurologen aufzusuchen. Sie dürfen sich gerne über Ihre Hausarztpraxis an unsere Spezialisten von der Neurochirurgie an der Hirslanden Klinik Aarau überweisen lassen», sagt Prof. Dr. med. Javier Fandino, Facharzt für Neurochirurgie.
Vertiefte Abklärung ist wichtig
«Viele Patienten kommen erst spät zu uns, wurden jahrelang mit Medikamenten behandelt, ohne sicht«Viele Patienten kommen erst spät zu uns, wurden jahrelang mit Medikamenten behandelt, ohne sichtbaren Erfolg», sagt Prof. Fandino. Wenn die medikamentöse Behandlung keine Wirkung zeigt, sollten andere Therapieformen in Betracht gezogen werden. Als minimalinvasive Optionen bei chronischen Schmerzzuständen haben sich Infiltrationen und die Radiofrequenztherapie etabliert. Sie können auch bei der Trigeminusneuralgie für Linderung sorgen. Bewährt hat sich auch die Radiochirurgie, bei der der Nerv gezielt bestrahlt wird. Eine weitere Möglichkeit ist ein operativer Eingriff, wenn mittels Bildgebung (MRI) nachgewiesen werden kann, dass ein arterielles Gefäss auf den Trigeminusnerv drückt. Bei einer solchen Diagnose ist ein minimalinvasiver Eingriff angezeigt, bei dem eine kleine Schädelöffnung hinter dem Ohr vorgenommen wird. Blutgefässe, die pulsierend auf die Trigeminuswurzel drücken, werden während der Operation unter dem Mikroskop sanft verlagert. Mit einem kleinen Filz- oder Teflonstück wird verhindert, dass die Adern in ihre alte Lage zurückwandern. «Rund 90 Prozent der Patienten sind nach diesem Eingriff schmerzfrei und benötigen keine Medikamente mehr», betont der Neurologe.
Nicht zu unterschätzen: Die soziale Isolation
Die Auswirkungen, die diese soziale Isolation im Alltag mit sich bringt, können fatal sein. Nicht selten berichten die Patientinnen und Patienten von grossen Angstzuständen, Depressionen und auch Suizidgedanken. In einem solchen Fall erfolgt die Behandlung interdisziplinär unter Hinzuziehung eines Psychiaters und eines Psychotherapeuten. Jährlich erhalten rund 1100 Patientinnen und Patienten in der Schweiz die Diagnose Trigeminusneuralgie. Meistens sind sie älter als 50 Jahre, Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Typische befallene Bereiche sind der Ober- und Unterkiefer, das Kinn, die Wange und die Lippenregion.